Ist Rock tot?

Unter der Moderation von Radiostimme Niki Fuchs diskutierten Josef „Muff“ Sopper vom Veranstalter Planet.tt, die Musikschaffenden Roman Gregory („Alkbottle“), Max Testory („Die Kammer“), Annett Thoms („Stringulatur“), Judith „Judy“ Frank („Skolka“) sowie der auch als Musikjournalist und Konzertveranstalter tätige Casinos Austria Vorstandsdirektor  Dietmar Hoscher und Donauinselfestveranstalter Thomas Waldner

 

Beim 6. Casinos Austria Kultur Talk standen provokante Gedanken und eine hitzige Diskussion zur Lage des Musikgenres „Rock“ im Mittelpunkt. Gemeinsam mit dem Donauinselfest bat Casinos Austria eine illustre Gesprächsrunde auf die beliebte Summerstage am Wiener Donaukanal.
Totgesagt wurde der Rock schon oft, aber das hat bisher weder seine Fans noch seine Protagonisten gestört. Allen Untergangsprophezeiungen zum Trotz hat sich der Musikstil – der in den 1950er Jahren entstand – bis heute als Herz und Rückgrat aller Strömungen der Populärmusik gehalten.

„Sorgenkind“ Rock
Die Sorge um die Zukunft des Rock kommt nicht von ungefähr. Einerseits tritt die so genannte Gründergeneration des Genres allmählich ab. Andererseits droht der Rock zudem sein wichtigstes Element zu verlieren: die vitale Unruhe. In seinen Jugendjahren war der Rock rebellisch und thematisierte vielfach gesellschaftskritische Ansprüche. Heute werden die alten, von den Fans kultisch verehrten Songs museal gepflegt, nostalgisch neu aufgelegt oder gar in Musicals zweitverwertet. Zudem wird dem klassischen Rock in Österreich nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt, er gehört auf Festivals sowie im Radio eher zum Nischenprogramm.
„Schon in den 1970er Jahren galt der Rock – mit dem Aufkommen des Punk – als tot bzw. überholt. Aber schon damals war dieser Befund falsch“, so die Diagnose von Casinos Austria Vorstandsdirektor Hoscher. „Dass nun immer weniger Protagonisten der Anfänge des Rock präsent sind, ist altersbedingt natürlich. Aber auch das Aufkommen neuer Technologien und Vertriebsschienen hat das Genre massiv beeinflusst. Superstar-Status etwa über Tonträgerverkäufe und dementsprechende Promotion zu erlangen, ist heute unmöglich. Affinity Groups werden dafür immer wichtiger. Der zweifelsfrei national wie international existierende, qualitativ hochstehende Nachwuchs muss neue Schienen finden, um ins Gespräch zu kommen bzw. zu bleiben“, so Hoscher abschließend.

Roman Gregory stimmte zu, goss aber gleich noch Öl ins Feuer: „In Österreich von echter Rock-Musik leben zu können ist fast unmöglich. Es gibt keine Förderungen, keine Möglichkeit sich zu präsentieren, das ganze Genre kommt viel zu kurz. Und wenn man doch einmal eingeladen wird, dann muss man sich dem Mainstream anpassen, kann nicht selbst über sein Programm bestimmen. Was es braucht ist z.B. ein dezidiertes Rock-Fest in Wien mit Auftrittsmöglichkeiten für heimische Bands sowie einen eigenen Radiosender. Ich bin überzeugt, dass Zustimmung und Zuspruch gewaltig wären. Der Rock ist definitiv kein Auslaufmodell!“

Auch für Max Testory ist das Ende des Rock noch nicht gekommen: „Es gibt nach wie vor großartige ältere und junge Protagonisten. Aber das Biz ist wesentlich härter geworden und arbeitet fleißig am Untergang des Genres.“

Skolka-Stimme Judy Frank stimmte zu: „Es ist in dieser nischenbezogenen Musikszene für nachkommende Musiker nicht leicht Fuß zu fassen. Auftrittsmöglichkeiten werden hier immer weniger und dann entsteht ein Teufelskreis aus einem Mangel an Wissen, Nachfrage und Interesse. Wer keine massentaugliche Musik produziert hat zudem wenig Chancen von namhaften Radiostationen gespielt zu werden. Nichts desto trotz verbinde ich persönlich mit Rock ein Lebensgefühl, das für mich Lebenslust, Kraft und Freiheit bedeutet. Daher schätze ich es, dass es Festivals in Österreich gibt die jungen, aufstrebenden Bands gerechtfertigte Auftrittsmöglichkeiten bieten.“

Annett Thoms schätzte die Situation ähnlich ein und meinte, dass „trotz aller Schwierigkeiten Rock-Musik noch immer ein Gefühl der Stärke, eine Energiefusion für Körper und Geist“ sei. „Diese Musik hat etwas Mächtiges, Starkes, gar Gewaltiges – so etwas kann gar kein Ablaufdatum haben. Vor allem dann nicht, wenn sie authentisch ist!“

Dem pflichtete auch Josef Sopper bei: „Solange es Strom gibt, wird es Rock geben! Ich werde mich auch in Zukunft bei Veranstaltungen und Events für den Rock stark machen.“

Rock braucht Unterstützung
Die wahren Rock-Talente von heute blühen allzu oft im Verborgenen und haben in Österreich mit sehr schwierigen Bedingungen zu kämpfen, so ein Ergebnis des Abends. Sie gilt es daher zu ermutigen und bestmöglich zu unterstützten. Und zwar im Wege der Kulturförderung und durch die Veranstaltung von spezifischen Festivals ebenso, wie dadurch, dass ihnen die Medien – allen voran das in der Musik immer noch führende Radio – die nötige Aufmerksamkeit zukommen lassen.

Casinos Austria Vorstandsdirektor Hoscher verwies in diesem Zusammenhang auf die Casinos Austria Music Line, die Förderschiene, mit der gezielt österreichische Musik abseits des Mainstreams unterstützt wird. „Wir sehen diese Tätigkeit als Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung“, betonte Hoscher, „Ziel ist es, die musikalische Vielfalt Österreichs zu fördern und kreatives Schaffen zu ermöglichen.“