Die häßlichen Seiten von Paris


Wie man ein traumatisches Erlebnis in einen poetischen Roman umformen kann, beweist die schwedische Autorin Linn Ullmann und wird damit vielen Au-Pair Mädchen, Models etc. aus der Seele sprechen. Glücklicherweise haben sich die Zeiten geändert und „Parties à la Epstein“ werden heutzutage als kriminell gewertet. Damals in den 1980er Jahren war dem nicht so.
Paris, eine Winternacht im Jahr 1983.
Sie ist sechzehn Jahre alt und hat sich verirrt im Labyrinth der unbekannten Straßen. Auf einem Zettel hat sie sich die Adresse des dreißig Jahre älteren Modefotografen notiert, der zufällig in New York auf sie aufmerksam wurde und sie bat, nach Paris zu kommen, damit er sie dort fotografieren kann. Gegen den Willen der Mutter, geprägt von dem Wunsch, die Fesseln der Kindheit abzustreifen, macht sie sich auf den Weg. Vier Jahrzehnte später, in einer Zeit der inneren und äußeren Krise, versucht die erwachsene Frau, das junge Mädchen zu verstehen, die sie einmal war.

Man kann den Mut von Ullmann nur bewundern, wie sie sich an eine Zeit erinnert, die sie wahrscheinlich auch lieber begraben würde, aber um des jungen Mädchens willen, gräbt sie immer tiefer in Erinnerungen und Assoziationen. Das ist gleichzeitig unbarmherzig und doch so gefühlvoll. Ja, auch in Paris ist nicht alles immer nur schön.
Linn Ullmann: Mädchen, 1983 (Luchterhand) , übersetzt von Paul Berf Euro 24,-