„Das war das Uncoolste, das man sich vorstellen konnte“

Seit mehr als 20 Jahren gehört Birgit Denk zu den umtriebigsten Personen in der Kulturbranche: ob als Sängerin, Entertainerin, Moderatorin oder Role Model. Auf ihrem aktuellen Album „Erdbeeren und Musik“ blickt sie ein wenig wehmütig zurück, aber doch mit Zuversicht in die Zukunft! (Foto: U. Hölzel)

Das neue Album entstand in der Corona-Zeit. Was waren die Vor- bzw. Nachteile dieser getrennten Produktionsweise, als jeder alleine daheim saß?
BIRGIT DENK: Der Vorteil war, dass wir alle ob des Lockdowns keine Ablenkungen hatten. Wir konnten von Jänner bis April nur am Album arbeiten. Komponieren, texten, aufnehmen und an den Sonntagen frisch getestet, und dann später manche schon geimpft proben. Unser Leben drehte sich mehr als sonst nur um die Band und das Album.
Die Aufnahmen, die man nun als Album “Erdbeeren und Musik” hören kann, sind dann im April und Mai in Phyra im Most Production Studio von Chris Scheidl entstanden.

Musikalische Trends kommen und gehen: Worauf ist es darauf zurück zu führen, dass Sie  Ihrem Stil  seit 20 Jahren treu geblieben sind mit klugen Texten, in denen man sich wiedererkannt und dazu astreine, schöne Popmelodien? Wir schreiben und spielen seit 21 Jahren Popmusik in Mundart. Das war im Jahr 2000 das Uncoolste, das man sich vorstellen konnte! Das hat uns aber nie aufgehalten, da wir immer “unsere Leut” gehabt haben, die uns und unsere Musik gemocht haben. Textlich wollten wir nie zu persönlich sein, aber mir war immer wichtig zu singen, was mich wirklich bewegt, auch fern jeglicher Wienerlied Klischees.
Diesmal habe ich aber das Gefühl gehabt, ob meines 50ers und auch dem Fehlen von Erlebnissen (außer Covid), das, was ich oft bei den Konzerten zwischen den Liedern erzähle, also Erlebtes von mir, in Texte zu fassen. Welche konkrete Personen und Ereignisse haben mich geprägt? Über was wurde so noch nicht gesungen, was kann nur ich erzählen und sonst Keine? Welchen weiblichen Blick auf die Dinge, kann ich musikalisch zur Zeit beitragen?

Kann man sich gegen das Streaming-Verhalten als Musikerin stemmen bzw. warum ist Ihnen der Gedanke eines geschlossenen Albums so wichtig?
Die Idee eines Album ist von Vorgestern. Natürlich hören die wenigsten Menschen mehrere Lieder einer Gruppe hintereinander an. Das ist uns aber Powidl. Wir Denks hören gerne Alben. Ich bin damit groß geworden. 14 Titel an einem Sonntag Vormittag auf der Couch mit dem Textheft in der Hand durchzuhören oder beim Spaziergehen mit den Songs im Ohr den Blick schweifen lassen, eine ganze Stunde mit miteinander kommunizierenden Titeln einer Band zu erleben, ist für mich Genuss.
Finanziell und auch verkaufstechnisch im Jahr 2021 sehr herausfordernd, das durchzuziehen, aber wenn mich die letzten Jahre etwas gelehrt haben, dann, dass ich so arbeiten möchte, wie es für mich richtig ist, wie ich es kann und mit dem Wissen, dass wir keine 100 Meter Läufer sind, sondern einen Marathon glücklich fertiglaufen werden.

Kommt die Veranstaltungsbranche wieder in die Gänge, wie schaut es mit Ihren eigenen Auftritten aus?
Es ist leider ein Drama. Grob zusammengefasst, halb so viele Konzerte wie vorher, bei halb so vielen Zuseher*innen. Die Verunsicherung bei den Leuten ist groß. Die einen wollen sich den 1-2-3 Gs nicht aussetzen, die anderen haben Sorge sich anzustecken, die Maskenpflicht bei Konzerten in Wien macht es auch nicht leichter. Viele Veranstalter*innen und auch das Publikum will warten “bis die Pandemie vorbei ist”. Wir bleiben positiv und arbeiten daran noch da zu sein, wenn es sich wieder normalisiert, was aber ohne politische Maßnahmen für einige unmöglich wird.

War es immer ein Vorteil bzw. eine bewusste Entscheidung  alles immer selbstständig zu machen, dh nie einen Vertrag mit einem Major abgeschlossen zu haben?
Wir haben alles durch, auch einen Major-Vertrag für drei Alben bei Universal Music, ziemlich am Anfang unserer Karriere. Dabei haben wir tatsächlich sehr viel gelernt und diese Zusammenarbeit hat uns auch auf die Bildfläche gespült. Dass wir uns dann aber entschlossen haben viel allein zu machen, hat natürlich wie auch sonst im Leben viele Vor- wie Nachteile.

Sie feierten heuer Ihren 50-er: Haben Sie es je bereut aus einem sicheren Leitungsjob auszusteigen und Musikerin zu werden?
Keinen Tag. Ich habe ja immer Musik gemacht, während ich als Sozialpädagogin gearbeitet habe. Das wirkliche Leben habe ich ja auch thematisch in unsere Lieder mitgenommen und mit Menschen zu arbeiten, ist mir ja auch als Sängerin und Moderatorin geblieben.

Sehen Sie sich als Role Model, konnten Sie für Neueinsteigerinnen einige Türen öffnen?
Wir alle sind ja Role Models. Jede*r in seinem Bereich. Mir ist es wichtig jungen Musiker*innen zu zeigen, dass es geht, sich als Person mit all seinen Stärken und Schwächen als Künstler*in einzubringen und eigene Wege zu gehen. Frauen dürfen Dialekt singen, mit über 50 noch in der Öffentlichkeit erscheinen, wir dürfen laut sein, undiplomatisch und liebenswert!

Warum sind Frauen, die 2021  im Dialekt singen, trotzdem noch immer für viele  ein Reizthema?
Für mich ja nicht, aber für viele andere Ohren. Ich denke das liegt daran, dass sie zu wenig vorkommen, diese Dialektfrauen, weder im TV noch im Radio. Menschen können nur mögen, was sie kennen. Vor Jahren fanden alle Männer, die im Dialekt singen, blöd, das hat sich geändert als sie mehr und mehr vorkamen. Es braucht dafür auch mehr Frauen in den entscheidenden Positionen.

Wie gehts weiter mit Ihrer Sendung „Denk mit Kultur“ Gibt es andere Formate, die Sie reizen würden?
Leider haben wir nach 7 erfolgreichen Staffeln und einer Romy-Nominierung 2020 von ORF III zur Zeit keine Zusage für eine Fortführung, aus budgetären Gründen, wie mir mitgeteilt wurde.
Ich bin überzeugt, dass eine empathische, wertschätzende, freudige Plauderei mit Musik und Spielereien, bei der auch neue Künstler*innen ihren Weg auf die Bildschirme finden, gerade in Zeiten wie diesen sozialpolitisch wichtig ist, und ich das sehr gut kann.
Für eine Samstag Hauptabendshow im Rahmen eines bunten Abends bin ich natürlich auch zu haben!

Releasekonzert „Erdbeeren und Musik“ am 22.10. im Stadtsaal
Neue Lieder in denen Birgit Denk Einblicke in ihre Vergangenheit gewährt. Wir hören von besonders lieben Menschen, Freundschaften, Beziehungen die dann doch nicht…, einsamen Nächten, geselligen Festivals, Nichten und einem für DENK-Fans, so noch nie dagewesenen Liebeslied. Dialektverliebt, gut gelaunt, nicht ausgrenzend, sondern vereinnahmend, der unverfälschten Musik verpflichtet. Ein positiv gestimmtes Album! Unterhaltung mit Haltung!
Denk sind 
Birgit Denk: Gesang 
Ludwig Ebner: E- Gitarre, Akustikgitarre, Mandoline, Irish Bouzouki, Keyboards, Gesang 
Mag. Harald Wiesinger: Tasteninstrumente 
Philipp „Disco“ Mayer: Schlagzeug, Percussion, Keyboards 
Alexander Horstmann: Bass, Percussion, Keyboards, Gesang 

Aufgenommen und gemischt von Chris Scheidl im Most Production Studio/Phyra 
Gemastered von Werner Angerer im Acoustic Arts Studio/Wien 
Produziert von Alexander Horstmann 

Fotos von Carina Antl 
Artwork von Matthias Kobold