„Es hätte auch ein Fiasko werden können“

Thomas Jarmer (2.v.l) im Interview (Foto: Andreas Jakwerth)

Fast hätte Garish das Schicksal von Greißlern treffen können: sie waren immer da, nie besonders hervorgestochen, aber wären sie fort, würde man sehr viel vermissen. Zum Glück entstand zum Jubiläum ein Album, bei dem die aus dem Burgenland stammende Band mit so unterschiedlichen Musikerinnen wie Ina Regen oder Die Strottern ihre eigenen Lieder neu interpretiert. Gründungsmitglied Thomas Jarmer über das neue Album.

Hört man das Album durch, ist es erstaunlich, wie biegsam Ihre Lieder sind: bei manchen könnte man denken, das seien Fremdversionen, andere wiederum werden sehr Garish-treu interpretiert. Wie kam es grundsätzlich zur Auswahl der Kolleginnen respektive der Songs?

THOMAS JARMER: Es war unser ewiger Wegbegleiter Hannes Tschürtz, der meinte, wir sollten das Jubiläum nicht sang- und klanglos vorübergehen lassen.  So entstand noch während des Lockdowns die Idee, andere MusikerInnen einzuladen. Ich kannte einige zB. gar nicht persönlich, aber sobald wir dann gemeinsam im Studio gestanden sind, war die volle Harmonie da. Es hätte auch ein Fiasko werden können! Ina Regen, Verena Altenburger oder die Strottern waren absolute Wunschbesetzungen, bei anderen wurde es aus Zeitmangel nichts, aber wir sind überwältigt gewesen vom positiven Echo. Mit Thees Uhlmann arbeitet unser Schlagzeuger Markus Perner schon lange zusammen, neu war zB. das Zusammenspiel auch mit der grandiosen Anna Mabo oder wie Paul Plut sich des Songs  „Draußen fischt  im Eis“ annimmt, ist Spitzenklasse. Es war uns ganz wichtig, auch verschiedene Zugänge zu unseren Songs zu wählen, nicht nur, um das Album dadurch abwechslungsreicher zu machen, sondern auch die Bandbreite heimischen Musikschaffens partiell abzubilden.

Sie sind schon lange mittendrin, inwiefern hat sich die Musikszene in den letzten Jahren geändert?

JARMER: Ich höre sehr viel Individualität aus dem Schaffen heraus, ich glaube es liegt daran, dass hierzulande jeder das machen kann, was ihm gefällt, bedingt dadurch, dass für viele ihre Musik leider noch immer ein Hobby ist. Wenige können richtig davon leben, aber deswegen gibt es auch keinen Zwang, sich an irgendwelche mainstreamigen Vorgaben halten zu müssen. Das ist zwar für das Publikum erfreulich, da so viel Auswahl zur Verfügung steht, für die Musikszene leider weniger, wenn man quasi im Prekariat arbeitet.

Die Offenheit gegenüber anderen Stilen kennzeichnet auch den Weg der Band. Es gab englischsprachige Phasen, Element of Crime-, Britpop etc. In Ihre Musik scheint sehr der Zeitgeist mitgeschwungen zu haben.

JARMER: Wir waren immer eine Band zwischen den Stühlen. Manchmal hieß es, wir seien eine typische FM4-Band, aber wahrscheinlich aus dem Grund, weil die die einzigen waren, die heimische Indies spielten.
Ich freue mich sehr auf die Tournee, die wir mit anderen machen werden, denn das wird das Publikum sicherlich auffrischen. Wir haben jetzt schon Menschen aus allen möglichen Generationen bei unseren Konzerten, aber Ina Regen hat nochmals andere Fans als wir, das wird sehr spannend für alle werden. Aber um auf die Flexibilität unserer Musik zurückzukommen: ich denke jedes Album ist eine in sich ruhende Ansammlung von Mikrokosmen. Wir waren und sind – auch im Streaming-Zeitalter – immer eine Albumband gewesen, es war und ist uns wichtig, einer musikalischen Dramaturgie zu folgen.

Gleichbleibend hohes Niveau zeigen Ihre Texte. Wie leicht fallen Ihnen so originelle Zeilen wie „Hände hoch, ich kann dich leiden“, um nur den Titel des Albums zu erwähnen ein?

JARMER: Nachdem wir einander sehr gut kennen, entstehen Texte oft auch im Ping-Pong-Verfahren, manchmal entsteht ein Lied im Affekt, manchmal arbeite ich akribisch über längere Zeit. Grundsätzlich bin ich ein Mensch, der keine Angst vor Pathos, vor großen Melodien oder Gesten hat. Ich habe zB. beim Lied „Dei Wöld is a Scheibn“ die Stimme von Klemens Lendl (Die Strottern) im Ohr gehabt und ihm den Song quasi auf den Leib geschnitten und wie ich aus den bisherigen Reaktionen höre, ist das sehr stimmig gelungen. Es freut mich natürlich schon, wenn gewisse Redewendungen auch in den Alltag einfließen bzw. wenn ältere Songs zeigen, wie zeitlos sie sind. Es war ungeheuer spannend zu hören, wie die von uns ausgewählten MusikerInnen die Lieder interpretierten, worauf sie sich fokussierten, um letztlich ihre Version zu finden.

 Sie treten bei der Jubliäumstour auch in der Kultlocation Cselleymühle in Oslip auf. Worauf darf man gespannt sein?

JARMER: Das ist natürlich ein ganz spezieller Platz für uns, 1997 sind wir dort erstmals aufgetreten und jetzt wieder mit Gästen wie Ina Regen, Tanz. Baby oder den Strottern. Wir versuchen bei all unseren Konzerten MusikerInnen vom Album auch live dabei zu haben. Es sind ja nach den Monaten des Lockdowns noch immer alle ein wenig paralysiert und speziell für MusikerInnen, wenn man nicht live auftreten darf, fehlt dir einiges im Leben.

Garish: Hände hoch, ich kann dich leiden (ink Music)
Garish feiern mit ihrem neuen Album „Hände hoch, ich kann dich leiden“ die Silberne. Mit 25 Jahren Bandgeschichte gehen sie wieder auf Tour. Zum Bühnenjubiläum hat sich die Band ein Bündel an Wünschen erfüllt – eine Art Resozialisationsprojekt, wie sie es selber nennen. Neuinterpretationen waren schon immer ihr Faible, und so haben Garish zum 25er verschiedenste KünstlerInnen (Ina Regen, Verena Altenberger) eingeladen, mit ihnen zu musizieren oder ein Garish-Stück neu zu interpretieren. Es scharen sich Freunde und Weggefährten, aber auch MusikerInnen aus anderen künstlerischen Dimensionen um die Band.

Tourtermine:
17.05.2023       Oslip | Cselley Mühle
19.05.2023       Innsbruck | Treibhaus
20.05.2023       Bludenz | Remise
24.05.2023       St. Pölten | Cinema Paradiso
28.05.2023       Wien | Stadtsaal
01.06.2023       Salzburg | ARGEKultur