Filmwirtschaftsbericht 2022, facts + figures 21

Corona bleibt auch 2021 das bestimmende Thema: in der Wirtschaft, der Politik und vor allem in unser aller Leben. Und diese Auswirkungen der Pandemie sind weltweit zu beobachten, konstatiert ÖFI-Direktor Roland Teichmann anlässlich der Veröffentlichung des Filmwirtschaftsbericht 2022.

Österreichische Produktionen steigen

Nach dem Einbruch der Filmproduktion in der EU und in UK von 2.007 Produktionen im Jahr 2019 auf 1.403 im Jahr 2020 konnte 2021 eine leichte Erholung auf 1.836 Filme erzielt werden. Die Bruttoeinspielergebnisse in der EU und im Vereinigten Königreich, die von 2019 auf 2020 wirklich dramatisch von 7,2 Mrd. Euro auf 2,1 Mrd. Euro eingebrochen waren, konnten sich nicht im selben Ausmaß verbessern und stiegen lediglich auf 2,9 Mrd. Euro. In Kinokarten gerechnet bedeutet das 394 Mio. nach 300 Mio. im Jahr 2020 und 1.007 im letzten Jahr vor Corona (2019).

Die österreichische Antwort auf diese weltweite Krise der Filmwirtschaft war eine Steigerung der Fördermittel von 25% gegenüber 2020.  2021 summieren sich die Gesamtausgaben der österreichischen Förderstellen auf 90,55 Mio. Euro, zwei Drittel davon entfallen auf Förderstellen des Bundes bzw. das Film/Fernseh-Abkommen, ein Drittel auf regionale Förderstellen. Das hat sich vor allem auf die Herstellungsförderung ausgewirkt. Das bedeutet auch ein Durchstarten nach dem ersten Jahr der Pandemie. 2020 hat die Filmwirtschaft trotz deutlicher Umsatzeinbrüche (minus 15%) ihre Rolle als Beschäftigungsmotor beibehalten und nur 4,3% weniger Beschäftigte ausgewiesen.

Und auch die Zahlen der österreichischen Produktionen im Kino steigen wieder. Nach einem Rückgang von 44 erstaufgeführten Filmen im Jahr 2019 waren es 2020 lediglich 24 heimische Erstaufführungen,2021 aber schon wieder 32 heimische Premieren. Das Kinopublikum reagiert auf Corona keinesfalls einheitlich. Es zeigt sich eine Wiederkehr der jungen Zielgruppe bis 49 Jahre als dominantes Element der Kinobesucher*innen. Bei einem Anteil von 52,5% aus der Altersgruppe von 14-49 in der Gesamtbevölkerung sind es aktuell bei den Kinobesucher*innen 71,5%.

Starke Marktanteile für den österreichischen Film


Die Widerstandsfähigkeit des österreichischen Kinos zeigt sich auch bei den Marktanteilen. Im ersten Jahr von Corona sind die Marktanteile der inländischen Produktionen von 3,3% im Vorjahr auf 5,6% gestiegen und haben 2021 mit 6,8% einen schon sehr lange nicht mehr gesehenen Wert erreicht. Und das ist durchaus ein solitäres Ereignis. Waren im Vorjahr durch die weitgehende Absenz der US amerikanischen Blockbuster in ganz Europa die Anteile regionaler Filme auf 39,7% gestiegen, ist im Jahr 2021 der Anteil des europäischen Films wieder auf das langjährige Niveau von knapp über 25% gefallen. Die Erfolge österreichischer Filme an der Kasse zeigen sich auch international. Waren es 2019 1,2 Mio. Besuche für österreichische Filme im Ausland, ist dieser Wert 2020 auf 0,6 Mio. gesunken, hat aber 2021 wieder beeindruckende 1,8 Mio. erreicht.

Neue Entwicklungen werden beschleunigt


Die Corona-Pandemie ist aber auch Brandbeschleuniger längerfristiger Entwicklungen. Im ersten Jahr der Pandemie (2020) hat es nur mehr vier Videotheken gegeben, damit ist de facto eine Vertriebsform, die uns noch nicht so lange begleitet hat, wieder von der Bildfläche verschwunden. Einer der Gewinner der Lockdowns und der deshalb reduzierten Aktivitäten ist das lineare Fernsehen. Im Schnitt erreicht lineares Fernsehen pro Tag rund 70% der Bevölkerung, die durchschnittliche Sehdauer beträgt 203 Minuten pro Tag. In der Pandemie wächst der Marktanteil österreichischer Programme deutlich auf 47,6% im Jahr 2021. Zuletzt haben ORF EINS und ORF 2 in Summe 116 von österreichischen Förderinstitutionen geförderte Kinofilme ausgestrahlt. 20 davon wurden bereits zehn Mal oder öfter gezeigt. Vor zehn Jahren waren gerade 54 geförderte Kinofilme im ORF zu sehen.
Das zeigt deutlich, wie wichtig lineares Fernsehen für die Erreichung breiter Publikumsschichten noch immer ist. Der ORF ist aber auch als Auftraggeber ein zentraler Player in der österreichischen Landschaft. Mit 98,4 Mio. Euro verzeichnet der ORF für das Vergabevolumen eine weitere Steigerung, ein Plus von 3,2% gegenüber 2019.

Trotz der beeindruckenden Zahlen für das lineare Fernsehen ist die Entwicklung hin zu zunehmendem Konsum von zeitlich unabhängig angebotenen Videos nicht aufzuhalten. Die immer deutlicher werdenden Unterschiede der Nutzungsgewohnheiten der unterschiedlichen Altersgruppen zeichnen die unausweichliche Entwicklung vor. Im Jahr 2020 wurden 1,1 Mrd. Abo-Verträge für Online Video weltweit (immerhin eine Steigerung von 26% gegenüber 2019) abgeschlossen, 2021 waren es aber bereits 1,3 Mrd. Verträge, neuerlich eine Steigerung von 14%. Online-Video-Abos erreichten 2021 nach einer Steigerung von 26% ein Umsatzvolumen von knapp 87 Mrd. USD. Das sind bereits rund 38% des gesamten Abo-Marktes.
Auch für Österreich werden weiter steigende Zahlen für Streaming erwartet. 2015 hat in Österreich die Anzahl der Nutzer*innen von VOD erstmals die Millionengrenze überschritten, 2020 waren es schon 2,2 Millionen und 2021 beträgt die Gesamtzahl der Nutzer*innen 2,37 Millionen. Laut aktuellen Prognosen sollen es bis 2027 schon 3,3 Millionen Nutzer*innen für VOD sein. Der Umsatz mit VOD soll dabei von 210 Mio. Euro im letzten Jahr auf 390 Mio. Euro bis 2027 steigen.
Die Filmförderung in Österreich reagiert auf diese neuen Rahmenbedingungen. So gesehen blickt das ÖFI optimistisch in die nähere Zukunft.
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