Gut Lack and Goodbye!

 24. Juni 1950 – 16. Juli 2017

 

Vor knapp einemn Monat empfing Wilfried anlässlich seines aktuellen Albums „Gut Lack“ Journalisten und Wegbegleiter zu einem Gespräch. Dass es das Letzte mit ihm sein würde, wollte damals niemand wahrhaben, so positiv und wacker zeigte sich der Künstler trotz seiner schweren Erkrankung. Hier der Bericht aus der aktuellen FSM-Ausgabe.

 

„Es ist mir schon besser gegangen, aber vielleicht nutzt es mir etwas, dass ich mein Leben lang ein Kämpfer war, so schnell gebe ich nicht auf“, macht der sympathische Musiker Wilfried keinen Hehl um seine schwere Krankheit. Anlässlich der Vorstellung seines neuen Albums „Gut Lack“ trafen sich eine Menge Leute im Bühnenwirtshaus in Pressbaum. Immer an der Seite Wilfrieds sein Sohn Hanibal Scheutz (5/8erl in Ehr’n) und Carlos Barreto-Nespoli, die für die Musik und Produktion des Tonträgers verantwortlich sind.

 

Spöttisch, die Ersten-Welt-Probleme zerlegend, von politischen Eiferern Ruhe einfordernd, sich der vielen guten Dinge, die einem im Leben widerfahren dankbar zeigend – so könnte man kurz die Texte auf dem aktuellen Album „Gut Lack“ zusammenfassend. Der Titel des Albums ist ein Wortspiel für Leute die, die 40 schon länger überschritten hat, denn es bezieht sich auf die Redewendung „des Hot an Lack“, die man früher gerne für alles verwendete, ob Film, Auto, Urlaub, ob gut oder schlecht. Im Falle des ewigen Goiserers, – obwohl Wilfried seit Jahrzehnten im Wienerwald lebt und dort in der Gemeinde Pressbaum mit sehr vielen Gleichgesinnten eine Kulturplattform betreibt (Vereinsmeierei) – gilt aber im Moment eher die englische Version, denn aufgrund seiner schweren Erkrankung kann er alles erdenkliche Glück gebrauchen. Wie er im Opener andeutet, ist sein Motto im Moment „A bisserl was geht immer“ . jeder Tag, jede Begegnung mit freundlichen Menschen, jeder Blütenzweig wird geschätzt, vieles, worüber andere Menschen sich ärgern, wird nicht einmal ignoriert. Es gilt die schönen, guten Seiten des Lebens wertzuschätzen. In Wilfrieds Fall ist es zB. das Glück einen hochmusikalischen Sohn zu haben. „Wir hatten immer ein sehr gutes Verhältnis, aber im Moment fühle ich mich fast mit ihm zusammengewachsen“, zeigt er seinen Vaterstolz, der auch auf seinen langjährigen musikalischen Weggefährten Carlos Barreto-Nespoli ausgeweitet wurde. „Was die beiden Buben bei diesem Album geleistet haben, ist sagenhaft, sie fanden sofort die passenden Melodien, sie haben noch das Letzte aus mir herausgekitzelt und wenn es bedeutete, nicht wie der Wilfried zu singen. Sie haben mich gefördert und gefordert. Oft hat schon der erste Take gepasst, weil die Songs so am Punkt waren.“ Die beiden haben für ihn ein Konzeptalbum in Totalverschmelzung kreiert: Als Produzenten, Komponisten, Arrangeure, beide an Gitarren, Bass Keys und als Back Vokals zu hören: “ Keine Angst, lein Ego.“ Wilfried bezeichnet sich nicht als sentimentalen Mensch, aber das Album steckt voller musikalischer Zitate, die sein musikalisches Leben ausmachen. South State Music und Salzkammergut Pascher, schwerer Shuffle Blues, Gospel, Rock, brasilianische, afrikanische und indische Rhythmen. Ja das Trio hat es geschafft, in einem Song Sitar und Quetschn gleichwertig nebeneinander spielen zu lassen. Aber Wilfried wäre nicht der Teamplayer, wenn er nicht die übrigen Musiker auch über den Klee lobt: Schlagzeuger Christian Eberle, der seinen ganz eigenen Groove hat, die 5/8erl in Ehr’n Musiker Clemens Wenger, Max Gaier und Bobby Slivovsky bis hin zu Heinz Juras, der die Ziehharmonika bedient. „Ich war immer ein Alleshörer, Musik darf nicht eindimensional sein, dann gefällt sie mir und sie soll natürlich klingen, mit gequetschten Opernstimmen kann ich überhaupt nichts anfangen“, lächelt er verschmitzt. Somit erübrigt sich auch die Frage, was er vom künftigen Staatsoperndirektor, mit dem er schon einige Sträuße ausgefochten hat, hält. „Ich beklage mich nicht, dass man zu meinem Beginn nicht die Qualität der sog. neuen Volksmusik erkannte und ich meist schon wieder etwas anderes tat als es erfolgreich wurde, sei es eben die Volxmusik oder mein Ausstieg bei der EAV oder vieles andere. Ich wurde irre angefeindet. So, wie sie Hubert von Goisern und Broadlahn 20 Jahre später die Teppiche ausgerollt haben für die große Erfindung, so haben sie mich geprügelt, weil die Wiener Journalisten bis heute den Unterschied zwischen Musikantenstadl und richtiger Volksmusik nicht erkennen. Das eine ist echt, und das andere ist falsch.“ Ja, Wilfried hat keine Hemmung dieses Statement am Tisch einer reinen Wiener Journalistenrunde kundzutun. Einiges, wie die Teilnahme beim Songcontest bereut er, aber falsche Entscheidungen zu treffen, gehört auch zum Leben. „Ich war nie angepasst, war immer neugierig und wollte weiterziehen. Ich sehe mich zwar als Pionier, ab er ich bin nicht eitel und daher geht mir eine fehlende Wertschätzung diesbezüglich nicht ab“, zeigt er sich der Vergangenheit gegenüber milde. Und wenn ihn sehr viele Menschen noch immer nur mit „Ziwui ziwui“oder „Mary oh Mary“ in Verbindung bringen, bleibt er gelassen, auch wenn 15 Alben unter seinem Namen erschienen oder er als Schauspieler in 80 Rollen zu sehen war. Das Alter hat potenzielle Vorteile: man weiß unweigerlich, wer man ist, braucht sich nichts mehr zu beweisen, ist sich seines Durchgangsposten auf der Welt bewusst und der absehbaren Zeit. So denkt der 64-jährige Künstler. Mag sein, dass es aus finanziellen Gründen oft die falschen Entscheidungen waren, grosso modo aber ist Wilfried mit seinem Vermächtnis zufrieden. „Ich will mit diesem Album schon ein Statement abgeben, ich möchte etwas Schönes hinterlassen.“ Wie jung der Musiker im Herzen ist,zeigt seine Begeisterung für die heimische Musikszene. „Ich habe gewusst, dass ein Revival des Austropop, oder anders gesagt Musik aus Österreich kommen, da wir so viele Talente in diesem Land haben und man nicht ewig wegschauen kann. Wenn die Medien diesen Trend auch wieder übersehen, dann ist ihnen nicht zu helfen“, zeigt er sich besorgt über das Desinteresse, denn neben den Superstars wie Wanda, Bilderbuch oder Paros Stelar gäbe es so viel gute Musik, dass man einen 24-Stunden-Sender qualitativ damit bestücken könnte. Das Schlusslied des Albums „Was wird“ kommt ganz langsam daher, lässt Raum in jeglicher Hinsicht. Wilfried zur Story des Songs: „Es passiert etwas, und du musst wissen, wenn das passiert, dann ist alles anders.“

Wilfried: Gut Lack (gtg)