Wer ist Thomas Gansch? (Foto: Daniela Matejschek)
„Das Andere, Außergewöhnliche, Unvorhersehbare ist bei Thomas Gansch ganz normal. Niemanden überrascht also, dass der zwischen Klassik und Jazz, Blasmusiktradition und Avantgarde jonglierende Trompeter, Komponist und Arrangeur maßgeblich an der Entstehung und am Bühnenleben verschiedener Ensembles beteiligt ist, darunter Mnozil Brass, Gansch & Roses oder Wieder, Gansch & Paul, dass er mehrere auf seine Spielweise zugeschnittene Instrumente mitentwickelt hat und bei alledem spielend auch als Alleinunterhalter durchgeht.“ So beschreiben die Tonkünstler den Trompeter, mit dem sie nun einige 50er Konzerte spielen. Also wer ist Thomas Gansch?
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläumsjahr 2025. Sie sind seit Jahrzehnten eine prägende Stimme in der Blasmusik. Wie blicken Sie bisher zurück auf Ihr musikalisches Leben?
THOMAS GANSCH: Danke. Geboren in Melk, aufgewachsen mit Musik durch meinen Vater und die Blasmusikschule vor Ort. Seit dem Studium in Wien, vor 30 Jahren Mnozil Brass gegründet, später Gansch & Roses. Musik begleitet mich als Lebensinhalt – ohne Grenzen. Ich war also von klein auf von Musik umgeben, es war gar keine Frage, dass ich nicht auch ein Instrument lernte, da mein Vater Kapellmeister war, also die Entscheidung Musiker werden zu wollen, war keine bewusste, sondern so normal wie atmen.
Worauf führen Sie den Erfolg von Mnozil Brass, die es schon seit 30 Jahren gibt und die die österreichische Blasmusik in die ganze Welt hinaustragen, zurück?
Wir hatten nie geplant, erfolgreich zu sein, wir begannen als Wirtshausband und mit der Zeit wurde unser Publikum immer größer. Es ist schön zu sehen, dass unsere Musik in Japan genauso geschätzt wird wie in den USA, also Musik kennt wirklich keine Grenzen, sie funktioniert auf der ganzen Welt, vor allem instrumental. Bei Mnozil Brass verschmelzen traditionelle Blasmusikanten mit Interpretationen aus dem Klassikbereich. Die Herausforderung besteht darin, anspruchsvolle musikalische Haltungen zu vereinen und gleichzeitig unterhaltsam zu bleiben. Wir begannen wirklich als richtige Wirtshausband (der Name leitet sich vom ehemaligen Gasthaus Mnozil ab), wo du mehr zu trinken bekamst, je besser es den Leuten gefiel. Und da gehört natürlich eine Portion Humor auch dazu. Unser „Geschäftsmodell“ hat sich halt weiterentwickelt, aber es zeigt, dass Unterhaltung auch ernsthafte Musikalität transportieren kann.
Sie sind ja auch ein sogenannter begnadeter Entertainer, der viele Schmähs reißt. Wie funktioniert das außerhalb Österreich?
Humor ist extrem wichtig, man kann damit die Leute bei der Hand nehmen und je nach Stimmung ein Konzert lenken. Gerade in schwierigen Zeiten kann Musik ein Ventil sein, um sich abzulenken, Emotionen rauszulassen oder sich einfach einen vergnüglichen Abend zu machen. Ich stehe dem Gedanken, dass Kunst aufrütteln muss und den Menschen zum Nachdenken bringen soll, eher skeptisch gegenüber. Für mich ist gute Laune eine Haltung, die ich auch dem Publikum mit unserer Musik vermitteln will, egal in welcher Combo. Musik ist wesentlich für Begegnung, Respekt und eine andere, emotionale Verständigung. In der heutigen Zeit kann sie Gelassenheit fördern. Ich möchte die Blasmusik image-technisch weiterentwickeln und zeigen, dass sie modern, lebendig und vielfältig ist
Sind Ihre Ausflüge ins Schlagerfach sozusagen auch ein „Eintauchen in eine heile Welt“?
Ich denke nicht, dass man eine Begründung braucht, warum man zB. Schlager mag, ich sehe das ja auch bei unseren Aufführungen im Konzerthaus, da singt jeder mit und alle gehen hoffentlich beschwingt und erleichtert nachhause. Aber ein bissl ein Schmähführer muss man schon sein, um so wie ich es mache – in unterschiedlichen Besetzungen, Genres, Locations mich gleichermaßen wohl zu fühlen. Ich mag kein Kastldenken, weder allgemein noch in der Musik. Meine Playlist ist genauso kunterbunt wie es mein Geschmack ist, wenn mir ein Stück gefällt, dann kommt es drauf und ob ich jetzt deutschen Hiphop auf Klassik höre, macht für mich keinen Unterschied. Gut muss die Musik sein, das ist mein einziger Anspruch.
Sie spielten schon einige Male mit dem großartigen Jazztrompeter Wynton Marsalis zusammen. Kann es für einen heimischen Trompeter noch eine Steigerung geben als mit einem der Weltbesten auf der Bühne zu stehen?
Für mich ging wirklich ein Traum in Erfüllung und ich bin sehr stolz darauf, dass dieses Genie meine Musik spielt. Ich wurde von ihm eingeladen ein Stück zu schreiben und heuer im Frühjahr gab es im Konzerthaus von „Naschmarkt Walks“ , bei dem ich mit ihm und seiner Band spielen durfte. Ein Adelsschlag! Ob ich noch andere Wünsche für ein Zusammenspiel hätte? Ja vielleicht liest Billy Joel dieses Interview…
Wie entstehen Ihre Stücke: wie gelingt es, eine Ballade für einen ruhigen Abend zu schreiben, ein Geburtstagskonzert mit den Tonkünstlern zu konzipieren und dann wieder mit der Superbrassband durch die Welt touren?
Alles, was musikalisch herausfordernd ist, reizt mich. Es geht darum, Dinge zu können und zu verstehen. Jede Begegnung am Konzert- oder Probenprozess ist spannend, und ich strebe danach, neue Perspektiven zu öffnen. Das Anstrengendste für einen Musiker sind wahrscheinlich die Reisen, Promotion, Medienarbeit. Es gehört zum Job dazu, aber ich schreibe oder arrangiere lieber als ein Interview zu geben. Noch gehen mir die Ideen nicht aus, vielleicht wird es anders, wenn ich die 50 überschritten habe. Ich habe ja erst Ende des Jahres Geburtstag, aber wir haben das ganze Jahr über schon Jubiläumskonzerte gespielt, irgendwie strange, wenn einem dann zum 50 gratuliert wird, obwohl ich ja erst 49 bin. Ich brauche zwar schon eine Lesebrille, aber die Kreativität und Spielfreude ist ungebrochen.
Obwohl sie sehr präsent sind und sehr viel live spielen, sind Sie doch ein Art Außenseiter in der hiesigen Musikbranche. Bewusste Entscheidung oder mangels Angebote?
Ich habe Musik nie als Branche erlebt, bin bei keinem dieser sogenannten Branchenevents dabei, mache alles selbstständig mit meinem sehr guten Manager, vielleicht macht mich das zu einem Beobachter, aber Eitelkeiten, Aufbau von Netzwerken, gezielte Erfolgsstrategie etc. sind mir fremd. Ich überlege mir Musik und denke darüber nach, mit wem ich sie musizieren möchte, das ist mein Zugang und ich gehe davon aus, dass sich daran nichts ändern wird. Ich hatte schon so viele fruchtbare Begegnungen, die mich künstlerisch anspornten, das möchte ich behalten. Dazu kommt, dass es beim Livespielen immer um den Kontakt zum Publikum geht. Ich habe mir mein Standing erspielt und erblödelt und es macht mich natürlich stolz, wenn ich jetzt auch in den heiligen Hallen (abgesehen vom Konzerthaus) auftreten kann, vom Wirtshausmusikanten zum Festspielhaus Salzburg ist es ein schöner Weg.
Mit 50 zählt man ja noch nicht zum alten Eisen, kann aber trotzdem schon auf Erfahrung zurückblicken, Haben Sie Ratschläge für jüngere Musizierende?
Höre auf dein Herz für die Musik, halte nichts für ausgeschlossen und bleibe neugierig. Musik ist eine universelle Sprache – nutze sie an jedem Ort, im Kleinen wie im Großen, und suche stets die Begegnung mit anderen. Außerdem: Habe Spaß an der Herausforderung – das macht den Unterschied aus.
Aktuelle Konzert-Highlights
Gansch anders – Thomas Gansch & Tonkünstler-Orchester
Do 6 Nov 25 20.00, Musikverein Wien | Großer Saal
Fr 7 Nov 25 19.00, Salzburg | Großes Festspielhaus
https://www.tonkuenstler.at/de/konzerte/gansch-anders/39370
Birthday Bash! – Gansch & Roses – 50 Years of Thomas Gansch Anniversary Band
Mi, 12.11.25, Wien, Wiener Konzerthaus
Do, 13.11.25, Linz, Musiktheater
Fr, 14.11.25, St. Pölten, Bühne im Hof
Sa, 15.11.25, Zürich, Jazzclub Moods