ÖFI: Filmwirtschaftsbericht 2019

2019 war „Love Machine“ der erfolgreichste österreichische Film: Fortsetzung folgt!

Der österreichische Film folgt einer neuen Zeitrechnung: vor und nach COVID-19, wann auch immer das „danach“ sein mag. Die in Folge der Pandemie erforderlichen behördlichen Maßnahmen haben die Filmwirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette durcheinandergewirbelt. Die Produktion wurde dramatisch gebremst, die Verwertung des vorhandenen Contents verlagerte sich noch schneller als bisher in Richtung VOD. Und in Zeiten des verordneten Zuhause Bleibens erlebte auch das lineare TV (nicht nur durch die gesteigerte Relevanz der aktuellen Berichterstattung) eine gewisse Renaissance. So hat jede Krise ihre Chancen, ihre Gewinner*innen und Verlierer*innen, auch wenn dies im gesamten Ausmaß (vor allem für das Kino) wohl noch länger nicht feststeht. Wir befinden uns mitten in einem spannenden Transformationsprozess, in dessen Zentrum jedoch klar der weiter ansteigende Bedarf an Content steht. Die internationalen Entwicklungen der Branche sind technologisch und wirtschaftlich disruptiv und in Österreich meist mit einiger Verzögerung zu beobachten. Gerade diese Umbrüche machen Längsschnittdaten (wie im Filmwirtschaftsbericht) besonders wertvoll.

Die österreichische Filmwirtschaft kann sich behaupten: Zuletzt waren es 2.500 Unternehmen mit rund 8.200 Beschäftigten, die (stabile) 1.400 Mio. Euro Erträge und Erlöse erwirtschaften konnten. Trotz leichter Rückgänge der Erlöse und Erträge wuchsen die Beschäftigungszahlen insgesamt um 2,6%. Die Zahl der Beschäftigten nahm im wichtigsten Bereich, bei den Produktionsfirmen sogar um 5,1% zu.
Die Unternehmensberater von paul und colllegen haben für das Filminstitut die Kennzahlen analysiert und errechnen ein Produktionsvolumen von 140.000.000 Euro und eine Gesamtwertschöpfung von 350.000.000 Euro. Das führt letztlich dazu, dass ein investierter Euro in der Filmwirtschaft netto 2,5 Euro Wertschöpfung bewirkt. Film ist also ein zentraler Wirtschafts- und Konjunkturfaktor mit großem volkswirtschaftlichem Mehrwert und gleichzeitig entsteht dabei das wunderbare Kulturprodukt „Film“ in all seinen Formen, das uns als Kulturnation ebenso kennzeichnet wie auszeichnet.

2019 sahen insgesamt 13,7 Millionen Besucher*innen Filme in den österreichischen Kinos. Diese Besuche verteilen sich auf 488 Filme, die ein Box Office von 129,5 Mio. Euro einspielten. Die Zahl der gezeigten Filme ist damit das sechste Jahr in Folge gestiegen: 2008 waren es „nur“ 324 Filme im Kino. Die Konkurrenz im Kino war enorm. Der österreichische Film erzielte dabei einen Marktanteil von 3,3%. Kein überragender, gemessen an der Marktsituation und unter Berücksichtigung des kulturellen Auftrags der Filmförderung, aber ausbaufähiger Wert.

Das Kino-Publikum wird erneut älter. Das durchschnittliche Alter der Kinobesucher*innen beträgt bereits 41,9 Jahre. Von den 50 beim Publikum erfolgreichsten Filmen des Jahres 2019 waren 42 US-Produktionen. Anders als in den Jahren zuvor waren in den Top 5 aber nicht nur Fortsetzungen bzw. Sequels zu finden. Der erfolgreichste Film des Jahres Der König der Löwen ist die computeranimierte US-amerikanische Neuverfilmung des Zeichentrickfilms aus dem Jahr 1994 mit rund 839.000 Besuchen. Der meistgesehene Film in Österreich konnte somit wieder an die früheren Jahre anknüpfen, wo Platz 1 zwischen 800.000 und 1.000.000 Besuche erzielen konnte. Auf Platz 2 folgt der zweite Teil des Animationsfilms Die Eiskönigin und auf Platz 3 der vierte Teil der Avengers Reihe Avengers: Endgame.

Die Komödie LOVE MACHINE war mit über 140.000 Besuchen der meist gesehene österreichische Film. Die Komödie von Andreas Schmied lag damit auf Rang 23. Drei deutsche Filme, drei französische Filme und eine Produktion des Vereinigten Königreiches erreichten die Top 50. Der beste nicht US-Film war die deutsche Komödie Das perfekte Geheimnis auf Platz 5 mit über 461.000 Besuchen. Auf Rang 15 lag mit Leberkäsjunkie eine weitere deutsche Komödie in den Top 15.

Zu den Besuchen in Österreich kommen die beachtlichen Auslandserfolge dazu, die den heimischen Kinofilm als sehr erfolgreichen kulturellen Exportartikel ausweisen: 33 heimische (Ko-)Produktionen erzielten weltweit 1,2 Millionen Besuche. Mit 16 von 49 Kinostarts ist Deutschland der mit Abstand wichtigste Exportmarkt.

Streaming ist international wie national einer der wesentlichen Treiber für die Erzielung großer Reichweiten, und Reichweite bedeutet „Gesehen werden“, was wiederum Relevanz und letztlich auch Legitimation, insbesondere für den geförderten Film, bedeutet.

Dennoch ist es nach wie vor das lineare Fernsehen, das die breitesten Publikumsschichten erreicht. TV erreicht in Österreich im Schnitt 66,4% der Bevölkerung, die tägliche Sehdauer erreicht 196 Minuten pro Tag. Allerdings tut sich hier eine Generationen-Schere auf: Die intensive Nutzung des herkömmlichen TV-Angebots wird zunehmend zum Phänomen der älteren Bevölkerung. Die 14- bis 39-Jährigen decken bereits fast die Hälfte ihres Bewegtbildkonsums über das Internet. 2019 wurden 113 geförderte österreichische Kinofilme (105 Spielfilme und acht Dokumentarfilme) im österreichischen Fernsehen in den Programmen ORF EINS und ORF 2 ausgestrahlt. Im Jahr 2018 waren es mit 131 Filmen 18 Produktionen mehr.

24 geförderte Filme wurden 2019 zum ersten Mal im ORF gezeigt und weitere 17 Filme zum zweiten Mal. 72 Filme (und damit rund 64% aller ausgestrahlten Produktionen) wurden zuvor schon zumindest zwei Mal gezeigt. Rekordhalter ist ein Spielfilm, der bereits 18 Mal gezeigt wurde. MUTTERTAG von Harald Sicheritz läuft jedes Jahr am zweiten Sonntag im Mai und erreichte auch 2019 bei seiner bereits 18. Ausstrahlung die meisten (617.000) Zuseher*innen. In ORF III lag die Reichweite aller Produktionen des Österreichischen Filminstituts inklusive der acht angebotenen Servicewiederholungen 2019 bei 1,1 Millionen Zuseher*innen.