Die britische Schriftstellerin sollte aus vielerlei Gründen wiederentdeckt werden: kaum eine seziert die viktorianische Oberschicht dermaßen schonungslos und entlarvt dadurch auch heutige MonarchistInnen, in einer Sprache, die nicht geschliffener sein könnte und das alles verpackt im so berühmten schwarzen, britischen Humor. Zum Glück war sie sehr fleißig und schrieb an die 20 Romane, wovon der vorliegende soeben erschienen ist.
Es ist anfangs schwierig, das umfangreiche Personal zuordnen zu können, aber letztendlich geht es hauptsächlich um die bissigen Dialoge, die unabhängig von Stand oder Beziehung einander um die Ohren geworfen werden.
Ein Weihnachtstag im Haus der viktorianischen Familie Edgeworth im Jahr 1885. Der Patriarch Duncan lässt keinen Zweifel daran, dass er der Herr im Haus ist, gegenüber seiner Familie verhält er sich anmaßend und tyrannisch. Als seine Frau stirbt, wird sie kurzerhand durch eine andere ersetzt, kaum älter als seine Töchter. Sein ebenfalls im Haus lebender Neffe kommentiert dies so: „Ein junges Leben zu ruinieren, nur um seine eigenen senilen Launen zu befriedigen. Das ist wirklich entsetzlich.“
Ivy Compton-Burnett entwirft eine Welt, in der unablässig die Tugend beschworen und bewundert und im selben Moment verhöhnt wird. Stets trägt das Laster den Sieg davon. Dabei liest sich dieser schräge Roman, darin besteht Compton-Burnetts große Kun st, unterhaltsam-komisch und tragisch zugleich.
Ivy Compton-Burnett: Ein Haus und seine Hüter (Die Andere Bibliothek). Übersetzt von Gregor Hens, mit einem Vorwort von Hilary Mantel. Euro 26,-