sounds right: Confused wie Travolta?

Mag. Patrick Kainz LL.M. / Rechtsanwaltskanzlei KSW

 

Sagt Ihnen der Begriff Meme (sprich: miem) etwas? Wenn nicht, dann verbringen Sie wohl nicht genügend Zeit im Internet und in den sozialen Medien. Bei Memes handelt es sich um Bild-, Ton- oder Videodateien, die als kleine Stückchen Popkultur über das Internet verbreitet werden. Sie werden weltweit durch Gleichgesinnte angesehen, weiterbearbeitet und mit Anderen geteilt. Der Begriff leitet sich vom griechischen Wort („mimema“) ab, das mit „etwas, das imitiert wurde“ übersetzt werden kann. Als virale Phänomene erobern sie das Netz.

Ein Beispiel sind die Fail-Memes. Dabei wird das Wort „Fail“ (engl. für Fehlschlag) Bildern und Videos, die Misserfolge berühmter und privater Personen zeigen, hinzugefügt. Da jeder noch so kleine Fehltritt heute mit einem Smartphone aufgenommen wird, gibt es immer wieder neue Memes dieser Art. Insbesondere auf Facebook ist die Verwendung, Veröffentlichung und Verbreitung von Memes allgegenwärtig. In Statuseinträgen und Kommentaren übertrumpfen sich die Nutzer gegenseitig mit noch gewagteren, überraschenderen und vor allem witzigen Bild-, Text- und Tonkombinationen. Dabei kommt es nicht so sehr auf die technische Qualität der Beiträge an. Viele Memes sind eher einfach und erschöpfen sich schon darin, ein bereits bekanntes Bild durch eine neue Beschreibung in einen veränderten Kontext zu setzen. Andere, aufwendigere Memes setzen jedoch schon zumindest praktische Kenntnisse von Bild- und Tonbearbeitung bzw Videoschnitt voraus.

Als Beispiel für letztgenannte Kategorie kann man etwa das Meme „Confused Travolta“ (https://www.youtube.com/watch?v=yS55oeuy-X0 ) nennen, das Ende 2015 im Internet kursierte und bisher millionenfach verbreitet wurde. Darin ist der US-Schauspieler John Travolta in seiner Rolle als Vincent Vega im Kultfilm „Pulp Fiction“ zu sehen. In der Originalszene betritt Vincent Vega eine Wohnung und blickt sich verwirrt um, als er eine Frauenstimme über die Sprechanlage hört. Travolta, der sich leicht ratlos und suchend hin- und her bewegt, wurde von motivierten Internetnutzern herausgeschnitten und seither in immer neue Bildumgebungen eingefügt. Als unverhoffter Protagonist findet er sich als Teil animierter Bildcollagen beispielsweise zwischen gefüllten Supermarktregalen, in leeren Klassenzimmern, auf Großparkplätzen und auch in anderen Filmszenen wieder.

Aber nicht nur bewegte Ausschnitte aus Videos, sondern auch statische Bilddateien werden für Memes verwendet. Dabei wird dem Originalbild meist durch Hinzufügen von Texten oder anderen Grafiken ein komplett neuer Bedeutungsinhalt verliehen. Da Memes recht einfach zu erstellen sind – für weniger technisch versierte Internetnutzer gibt es bereits entsprechende Anleitungen im Internet und zahlreiche Erstellprogramme für Smartphones – können tagesaktuelle Themen zeitnah verarbeitet und kommentiert werden. Aufgrund der gerade laufenden Vorwahlen für die amerikanische Präsidentschaft erfreuen sich etwa Memes mit Donald Trump und den anderen Kandidaten enormer Beliebtheit.

Bei all dem beeindruckenden Erfindungsreichtum der Internetnutzer darf nicht übersehen werden, dass hier mitunter urheberrechtlich geschützte Werke weiterverwendet werden, an denen andere Personen Rechte halten können. Fotos, die als Meme-Vorlagen verwendet werden, können beispielsweise zugunsten der Bildurheber als Lichtbilder im Sinne des § 3 Abs 2 UrhG geschützt sein. An Videos halten wiederum die jeweiligen Filmurheber nach § 4 UrhG die Rechte. Den urheberrechtlichen Schutz erhält ein Werk allerdings nur dann, wenn es als eigentümliche geistige Schöpfung qualifiziert werden kann. Die Schwelle liegt dabei im Allgemeinen sehr niedrig, die zur Entscheidung berufenen Richter verstehen sich selbst nicht als Kunstkritiker. Je weniger Individualität ein Werk aufweist, umso geringer ist allerdings auch der zu erwartende Schutz.

Steht fest, dass das Werk urheberrechtlich geschützt ist, darf allein der Urheber darüber entscheiden, ob es von Anderen etwa bearbeitet, vervielfältigt, oder verbreitet werden darf. Genau in diese Rechte kann allerdings durch die Meme-Kultur eingegriffen werden: Hier werden ja ganze Werke oder Teile davon ausgeschnitten, in einen neuen Kontext gesetzt, mit (anderer) Musik oder Stimmen unterlegt, über das Internet mit Gleichgesinnten geteilt und verbreitet. Dem Urheber würden dagegen grundsätzlich va Unterlassungs-, Beseitigungs-, Schadenersatz- bzw Bereicherungsansprüche zustehen.

Darüber hinaus haben auch die in den Memes abgebildeten Personen ein „Recht am eigenen Bild“ gemäß § 78 UrhG. Sie können die Nutzung von Bildern, auf denen sie erkennbar sind, untersagen, sofern diese ihre berechtigten Interessen verletzen. Ähnlichen Schutz kann eine Person für ihre Stimme („Recht an der eigenen Stimme“ gemäß § 16 ABGB) beanspruchen, wenn sie zur Vertonung eines Memes herangezogen wird.

Selbst wenn berechtigte Personen nachweisen können, dass ihre Rechte durch die Memes verletzt wurden, scheitern sie mitunter oft an der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Da Memes theoretisch von jedem Internetnutzer erstellt werden können und sich rasend schnell und massenhaft verbreiten, scheitert ein Vorgehen zumeist bereits an der Feststellung der Urheberschaft. Oft sitzt der konkrete Rechteverletzer auf der anderen Seite des Globus, wo einem die Rechtsdurchsetzung durch lokale (rechtliche) Gegebenheiten oder Sprachbarrieren verkompliziert wird.

Auch gegen die Betreiber von Internetseiten kann man nicht ohne weiteres vorgehen. Haben sie die rechtswidrigen Inhalte nicht selbst ins Netz gestellt, sondern bieten nur den (Online-)Speicherplatz an, gelten sie grundsätzlich als Hostprovider. Und die haften insbesondere in Europa nur, wenn sie von der Rechtswidrigkeit eines Memes tatsächliche Kenntnis haben, ihnen dies aufgrund der Umstände bewusst sein müsste, oder sie den Inhalt nicht sofort entfernen, sobald sie von der Unzulässigkeit Kenntnis erlangen. Facebook bietet zB die Möglichkeit, dass man dem Dienst störende Inhalte meldet, die dann nach einer Prüfung von der Seite entfernt werden können. Ganz einfach macht einem das der Dienst aber auch nicht.

Ob sich die Rechteinhaber da ein wenig wie Confused Travolta fühlen, wenn sie sich nach einer Möglichkeit umsehen, gegen rechtsverletzende Memes vorzugehen?