„Wenn ich mir was wünschen dürfte“

Beide sind in der österreichischen Musikszene sehr umtriebig, spielen in vielerlei Formationen, nun legen Mira Lu Kovacs (5K HD, My Ugly Clementine) und Clemens Wenger (5/8erl in Ehr´n, JazzWerkstatt Wien) mit „Sad Songs To Cry To“ wahrscheinlich eines der schönsten Alben für die langen Winterabende auf. So melancholisch die Musik, so aufgeräumt-fröhlich die Sängerin im Interview.

 Zur Weihnachtszeit kommen oft verkitschte Best-Of-Alben auf dem Markt, was war Ihre Inspiration zu dieser Zeit ein intimes Duo-Album zu veröffentlichen?

MIRA LOU KOVACS:  Der Name und das Release Datum im Dezember haben Programm, denn wir beide sehnen  uns schon seit einigen Jahren nach einer gemeinsamen, musikalischen Bewältigung der verlässlich einsetzenden Melancholie rund um die Weihnachtsfeiertage. Hier spielen wir nun 10 unserer Lieblingssongs, die das Spektrum der Emotionen von Traurigkeit, Angst, Einsamkeit, Überforderung und Melancholie auffächern. Es ist kein Schnellschuss geworden, da wir schon lange miteinander musizieren und über Musik sinnieren und daher genau unsere Favoriten kennen.

Eine Frage in Zeiten des überbordenden digitalen Angebots: wie ist es gelungen, sich auf 10 Lieder zu beschränken bzw. überhaupt auszuwählen?

KOVACS:  Wie gesagt, wir sprechen auch viel über Musik und haben einen sehr ähnlichen Geschmack. Natürlich war es wahnsinnig schwierig, eine Auswahl zu treffen, aber es stand ziemlich schnell fest, dass Kate Bush  Song “This Woman´s Work“ im Mittelpunkt stehen sollte. Dieser Song ist Protagonist des Albums und das musikalische Arrangement dazu demonstriert den unprätentiösen Zugang: Es genügt die Sogkraft der klaren, hellen Stimme im komplementären Zusammenklang mit dem trüben, dunklen Klaviersound. Und nach dieser Idee haben wir auch die anderen Songs ausgewählt, seien es Jazz-Standards oder Eigenkompositionen, immer geht es um das pure Musikmachen und – erleben.

Mit wieviel Respekt sind sie an doch recht unterschiedliche Kultsongs wie „Bridge over Troubled Water“, „Kalt und kälter“, „Solitude“ oder  Joni Mitchells-Klassiker “A Case Of You” herangegangen bzw. was wollten Sie dieser Musik, noch hinzufügen?

KOVACS:  Es ist natürlich sehr dreist zu behaupten, dass man noch einen Mehrwert hinzufügen kann, aber wir hören von den ersten Reaktionen, dass es uns sehr gut gelungen sei. Es geht eben nicht darum, etwas komplett an der Linie nachzuspielen sondern seine eigenen Akzente hinzu zu fügen.  Gerade Joni Mitchell nachzusingen, ist extrem schwer, aber ich denke, wir haben den Grundton der Traurigkeit getroffen. Den Album Opener “Wenn Ich mir was wünschen dürfte” (1931) komponierte Friedrich Hollaender über 50 Jahre früher, der Text bleibt aber zeitlos für alle Menschen, die sich im konstanten Feed der ironisch durchseuchten Unterhaltungskultur nach Tiefgang und Pathos sehnen.

So fragil Ihre Stimme auf diesem Album klingt, können Sie es auch rockiger wie man an Ihren anderen Bands hört. Wie geht sich das alles aus?

KOVACS:  Schwierig und so glücklich es mich macht, mit anderen zu musizieren, muss ich mich selbst wieder einschränken, da es sehr auf die Gesundheit geht. Man muss auf die Stimme und den Körper achten und Tourneen sind nun mal anstrengend, Aber es geht mir wie allen selbstständigen MusikerInnen: man hat immer existentielle Ängste, man fürchtet nicht immer auskommen zu können und nimmt dann vielleicht zu viel auf sich.

Andererseits beklagen viele Veranstalter, dass es – nach der Pandemie – zu wenig Publikum gibt und sie daher nicht mehr so vieles anbieten können. Haben Sie auch diesbezügliche Erfahrungen?

KOVACS:  Ich komme gerade von einer Deutschlandtour unserer Band „My Ugly Clementine“ zurück und da spielten wir durchwegs in gut gefüllten 2000er Hallen, aber wir waren auch mit anderen Gruppen unterwegs. Ich kenne das Gefühl so gut, wenn man nur vor einem halbgefüllten Saal steht und sich selbst die Schuld für das Ausbleiben von mehr Publikum gibt. Aber ich kann es auch nachvollziehen, dass viele auf das Geld schauen müssen und leider dafür zuwenig für Kultur haben.
Jede Veranstaltung kostet viel Geld, es wird so viel von allen Beteiligten in Promotion etc. gesteckt, jeder ist dann klarerweise enttäuscht, wenn es nicht klappt, aber wir müssen alle dafür kämpfen. Gerade kleinere Locations sollten unterstützt werden, denn wo sonst sollten NachwuchsmusikerInnen sich ausprobieren können? Wenn diese Säule wegbricht oder FM4 weniger heimische KünstlerInnen spielt, dann werden wir in kürzester Zeit massive Probleme haben. Um es pathetisch zu sagen: der Nährboden fällt weg!

Mira Lu Kovacs & Clemens Wenger: Sad Songs To Cry To (Ink Music) VÖ: 2.12.

‚SAD SONGS TO CRY TO‘ LIVE:

20.12. Arge Kultur, Salzburg TICKETS

21.12. Treibhaus, Innsbruck TICKETS

22.12. Orpheum, Graz TICKETS

28.12. Porgy & Bess, Wien TICKETS