Wo ist die geziemende Höflichkeit geblieben?

Wer Agatha Christie Krimis mag, wird auch von diesem begeistert sein. Celia Fremlin, 24 Jahre nach der „Grande Dame“ Christie geboren, hat sich ein ähnliches Setting ausgedacht, nur die Sprache ist ein wenig sarkastischer.
Die Sommerferien haben begonnen: In einem beschaulichen Ferienort am Meer bauen Isabel und ihre Schwester Meg mit den Kindern Sandburgen, streiten sich um Liegestühle und essen Eis in der Sonne. Doch dann legt sich ein Schatten über die Idylle: Isabels und Megs ältere Halbschwester Mildred, notorisch neurotisch und wieder einmal in einer Krise, ist in ein nahe gelegenes Cottage zurückgekehrt. Als die Schwestern an diesem Ort zusammenkommen, erinnern sie unweigerlich ein prägendes Ereignis, das sich den Weg in die Gegenwart zu bahnen droht: Vor ziemlich genau 15 Jahren wurde Mildreds Ex-Mann, der sagenumwobene Onkel Paul, wegen versuchten Mordes an seiner ersten Frau verhaftet.
Mit typisch britischem Humor wird das Konstrukt der Ehe aufs Korn genommen, die englischen Sommerferien, die Gereiztheit der Ehefrauen und die Auswahl des potenziellen Traummannes. War die Autorin in den 1950-er Jahren damit eine Vorreiterin? „Vielleicht könnte sie der johlenden, jazzbegeisterten Reisegesellschaft aus dem weit entfernten Liverpool etwas von der geziemenden Höflichkeit einflößen, die das Leben in ihrer eigenen Jugend so reibungslos verlaufen hat lassen.“

In jedem Fall eine sehr kurzweilige Urlaubslektüre, die alle Parameter des Christie-Settings aufweist: eine geschlossene Gruppe, in der jede jeden verdächtigt, Ablenkung durch Nebenhandlungen, einen ungewöhnlichen Mordfall und ein überraschendes Ende.
Celia Fremlin: Onkel Paul (Dumont) Aus dem Englischen von Karl-Heinz Ebnet. Euro 22,-