Auf Festivalspuren in Südmarokko

Festivals sind eine wunderbare Gelegenheit, Beruf mit Freizeit zu verbinden, daher sind sehr viele davon an prestigeträchtigen, schönen Orten, wohin auch berühmte Menschen sich gerne einladen lassen (die Berlinale im grauen Februar hat da einen schwierigen Stand). Ob es an der Côte d’Azur, in San Sebastian, in Tokio, Shanghai oder Los Angeles ist, die meisten Menschen fahren gerne dorthin, auch wenn sie dann über zuviel Stress klagen. Aber dafür gibts ja dann die Strände, das Meer, die Sonne, gutes Essen, Gleichgesinnte und das jeweilige Thema, worum man die „Strapazen“ auf sich genommen hat.

Ein Land, das vielleicht nicht in erster Linie mit Festivals assoziiert wird ist Marokko und trotzdem ist dieses Königreich seit den 1970ern für viele Künstler Anlaufstation, wenngleich die Anziehungspunkte damals spezieller waren. Um ein paar nicht ganz unverdächtige Namen fallen zu lassen: Bob Marley, Timothy Leary, William Burroughs, The Rolling Stones, Jimi Hendrix, sie alle zeigten sich von Marokko  und seinen Erzeugnissen begeistert. Aber es kamen auch viele Filmleute zum Arbeiten in das Land, da es sich seine Ursprünglichkeit bewahrt hat und in Ouarzazate sogar ein Filmstudio beherbergte, wo Filme wie  Gladiator, Königreich der Himmel  Black Hawk Down, Babel, Die Mumie oder der Baader Meinhof Komplex gedreht wurden.
Etwa 30 Kilometer von den Studios entfernt liegt der Ksar Aït-Ben-Haddou, der in diversen Produktionen als Kulisse diente, so zum Beispiel 1962 für Lawrence von Arabien. Bei Ouarzazate wurden zudem Filme wie Krieg der Sterne (1977) gedreht. Die Kasbah Taourirt in Ouarzazate war ebenfalls schon oft Kulisse, hier wurden neben Szenen aus diversen Bibelfilmen auch Abschnitte für Sieben Jahre in Tibet und Babel (2006) gedreht.

Heutzutage ist es ruhig in den Studios, dafür trifft sich der internationale Jetset in Marrakesch oder mit eigenen Augen gesehen in Essaouira. Zuerst beachtet den älteren Mann, der begeistert zur Musik der Straßenmusikanten mitwippt niemand, aber irgendein Musikfreund erkennt ihn dann doch als Robert Plant (Led Zeppelin).

Kamel muss nur lange genug warten, Kundschaft kommt immer

Aber bevor wir in den hübschen Küstenort fahren, müssen noch einige Stationen abgearbeitet werden. Man könnte natürlich in der Stadt beginnen, die jedem Filmfreund als erstes einfällt, wenn er die Sätze „Play it again, Sam hört“, aber da von Wien aus die meisten Flüge nach Agadir gehen, lassen wir Casablanca beiseite und machen uns von Agadir, dieser eher dem Pauschaltourismus frönenden Stadt auf unsere Reise.
Okay, der größte Souk des Landes ist es wert, gesehen zu werden, eher mehr Zeit einplanen, da man sich wirklich leicht verlaufen kann und noch bei Bedarf in den Drinkstores Alkohol einkaufen, da es im Rest des Landes eher schwierig werden wird, Bier oder Wein zu bekommen. Hoch lebe der Pfefferminztee!

Taroudant: das kleine Marrakesch

Erste Etappe ist Taroudant, etwas übersichtlicher als Marrakech mit einem riesigen Sonntagsmarkt, wo sich offenbar die gesamte Bevölkerung Südmarokkos mit Plastikwaren eindeckt, Plastik, soweit das Auge reicht. Für musikalische Experten sei erwähnt, dass in Taroudant das jährliche Malhoun-Festival stattfindet, bei dem Musik und Lyrik eine Symbiose eingehen. Kann man nur den Einheimischen vertrauen, denn wer nicht arabisch kann, wird nichts verstehen. Egal, eine Hauptattraktion befindet sich außerhalb der hübschen Altstadt und ist das Palais Claudio Bravo.
Der Claudio-Bravo-Palast ist ein magischer Ort, der noch immer in der Energie von Claudio Bravo, dem großen hyperrealistischen Maler, der ihn erbaut hat, badet. Seit 1972 hatte der Künstler chilenischer Herkunft Marokko zum Mittelpunkt seines Lebens und seiner Kreativität gemacht. Der Palast, der sich über 75 Hektar in 8 km Entfernung von Taroudant, am Fuße des Hohen Atlas, erstreckt, ist jetzt für Besucher geöffnet. Der Hauptkörper ist in mehrere Flügel und Baukörper unterteilt, die durch Innenhöfe und überdachte Gänge miteinander verbunden sind. Diese getrennten Flügel beherbergen Wohn- und Schlafräume sowie die Privatsuiten und das Atelier von Claudio Bravo, in dem mehrere seiner Werke entstanden.
Rund um das Gebäude sind die Werke und Gemälde von Claudio Bravo und seinen Freunden (wie z.B. Pablo Picasso) ausgestellt, die den Eindruck erwecken, der Künstler habe das Gebäude gerade erst verlassen.
Am besten quartiert man sich dort in eines der großzügigen Zimmer ein und kann dann auch das Schwimmbecken mit olympischen Ausmaßen ausnutzen.


Eines der Ateliers von Claudio Bravo

Weiter geht die Fahrt über den Tizi n’Test Pass , eine der schönsten Bergstraßen Marokkos, jedoch nur etwas für geübte Fahrer. Es gibt keine Leitplanken, die Kurven sind eng und endlos, immer wieder unterbrochen von Bauarbeiten, die in schwindliger Höhe sich mit ihren Gerätschaften in die Berge reinbaggern. Der Pass von du Tizi-n’Test (2.092 Meter), der die Überquerung des Hohen Atlas ermöglicht, bietet eine spektakuläre Aussicht – an der Südseite auf die Region Souss-Massa-Region. Wer etwas Adrenalin braucht, sollte diese langwierige, aber auch wunderschöne Fahrt unternehmen, da man dabei auch sehr viel von den ärmlichen Lebensumständen der Landbevölkerung mitbekommt.

So leben die Menschen zum Teil im Atlasgebirge

Das quirlige Marrakesch

Bevor man vom Süden kommend nach Marrakech hineinfährt, liegt noch eine speziell für Österreich berühmte Adresse auf der Route und zwar der Garten Anima von André Heller. Die drei Hektar große, opulente, botanische Inszenierung des Universalkünstlers André Heller ist ein magischer Ort der Sinnlichkeit, des Staunens, der Kontemplation, der Freude, der Heilung und der Inspiration für Menschen jeden Alters, die Unvergessliches erleben wollen. Auf das Hotel muss man noch etwas warten, aber ansonsten ist es auf alle Fälle eine Tagesreise wert, um vom quirligen Marrakech ein wenig abschalten zu können.

Als Alternative zum Jardin Majorelle bietet sich Anima an

Marrakech polarisiert, die einen finden es als eine der aufregendsten Städte der Welt, den anderen ist der Trubel und die Ausgelassenheit zuviel. Zu welcher Gruppe man auch immer zählt: einmal sollte man die Königsstadt, die auch gerne „Perle des Südens“ genannt wird, gesehen haben. Es gibt so viel zu schauen, dass man sicher ein paar Tage einplanen sollte, außerdem ist der moderne Teil der Stadt total hip mit vielen Galerien, lässigen Lokalen, Rooftopbars und vielen, jungen Menschen, die von einer Location zur nächsten ziehen. Am besten hängt man sich an, dann wird man auch noch Geheimtipps kennenlernen.
Buchtipp: Soul of Marrakech: Fabrice Nadjari et Zohar Benjelloun

Essaouira – die Küstenperle

Kein Geheimtipp sondern seit den 1970er Jahren beliebtes Reiseziel ist die wunderschöne Stadt Essaouira, die seit damals KünstlerInnen aus der ganzen Welt anzog. Die Stadt verströmt Mittelmeerflair, der große Strand entlang der Corniche ist 4 km lang und wird von Einheimischen und Touristen gleichermaßen frequentiert. Wer keinen langen Spaziergang machen will, steigt einfach auf ein Kamel oder Pferd, die überall herumliegen und deren Besitzer unaufdringlich auf Kundschaft warten.
Überhaupt sind die Marokkaner höchst zurückhaltend, ein höfliches „No merci“ und man wird nicht mehr angesprochen. Mogador hieß der Ort früher und daher finden sich etliche Verweise darauf, sei es Riad, Shop, Bar, Am schönsten ist es am Abend, wenn alle in den Hafen strömen, um dort den Sonnenuntergang fotografisch festzuhalten. Zwischen den begeisterten BesucherInnen finden sich immer wieder Straßenkünstler, die mit ihrer Musik, Akrobatik, Feuerkunst für Innehalten sorgen, man flaniert von einer Ecke zur anderen und wird immer wieder Neues entdecken. Natürlich gibt es auch die eine oder andere Rooftopbar, wo man zu europäischen Preisen Alkohol und Sonnenuntergang genießen kann. Da es nur wenige sind, heißt es rechtzeitig dort zu sein.

Abendstimmung in Essaouira

Mitten in der Altstadt in einem wunderschönen Riad führt ein französisches Ehepaar ein kleines Boutiquehotel mit wunderschöner Einrichtung und großartigem Frühstück:
https://www.riademotion.com/
Restaurantempfehlungen am besten vor Ort erfragen, Absacker noch in The Loft mit abwechslungsreicher Musik. Von Essaouira bieten sich auch Ausflüge nach Diabat an, wo Bob Marley abhing bzw. an den Superstrand von Sidi Kaouki.

Gnaoua-Musiker in Essaouira

Surferspot Taghazout

Und bevor es nach Agadir zurückgeht, sind noch Strandtage in Taghazour angesagt: hier ist alles auf laid-back ausgerichtet, am Ende des großen Strandes befinden sich die großen internationalen Hotels, im Ort selbst sind hauptsächlich Airbnb-Wohnungen vertreten. Man kann alles zu Fuß erledigen, super Strandrestaurants, nette Geschäfte, coole Vibes. Die Wellen eigenen sich sowohl für AnfängerInnen als auch für Profis, die nördlich des Ortes am Anchor Point jährliche internationale Competitions austragen. Da genügt es, einfach dazusitzen und die gelöste Stimmung zu genießen.

Festivals:
Agadir:
Die Hafenstadt Agadir, deren Urlaubsorte am Meer bei Touristen das ganze Jahr über beliebt sind, zieht im Juli mit dem Musikfestival Timitar noch mehr Menschen an. Beim Timitar wurde ursprünglich die Musik und Kultur der in Marokko einheimischen ethnischen Gruppe der Amazigh (Berber) gefeiert, die aus Nordafrika stammen und von denen es nirgendwo auf der Welt mehr gibt als in Marokko. Im Lauf seiner Entwicklung wurde aus dem Festival nicht nur eine Konzertveranstaltung für bekannte einheimische Künstler, sondern auch eine Art soziale Bewegung. Sowohl die Themen der Musik als auch die Festivalbesucher selbst sind oft sehr progressiv.

Marrakech:
National Festival of Popular Arts, Juli 2025
Film Festival (@marrakechfilmfestival)
Marrakech International Film Festival
Dieses Festival findet jährlich in Marrakech statt und zieht Filmemacher, Schauspieler und Filmfans aus der ganzen Welt an. Es bietet eine Plattform für die Präsentation von internationalen Filmen und fördert den kulturellen Austausch.

Save the date ! The 22nd edition of the #MarrakechFestival returns from November 28th to December 6th, 2025.

Essaouria
Gnaoua World Music Festival
Das Gnaoua-Musikfestival lockt Ende Juni bis zu 400 000 Besucher in die marokkanische Hafenstadt Essaouira am Atlantik. Musiker aus aller Welt bevölkern Strände und Plätze der malerischen Medina.
19.-21.06. 2025

Imilchil Marriage Festival
Dieses traditionelle Festival findet in den Bergen des Atlasgebirges statt und ist bekannt für seine Hochzeitszeremonien. Es zieht Berberstämme an, die ihre Kinder zur Heiratsvermittlung bringen. Das Festival ist eine Feier der Kultur, Musik und des Tanzes.
September