Betuchte Leser mit viel Freizeit

Der gebürtige, im Kindesalter in die USA emigrierte Russe Gary Steyngart hat seinen Cechov genau gelesen und eine ähnliche Konstellation in die Gegenwart verlegt.

Ein Haus auf dem Land, acht Freunde, vier Romanzen – und sechs Monate in Isolation. Es ist März 2020, und eine uns wohlvertraute Katastrophe zieht am Horizont auf. In einem idyllischen Landhaus außerhalb von New York versammelt der russischstämmige Schriftsteller Sasha Senderovsky eine illustre Gruppe alter Freunde und loser Bekanntschaften  („Wie Sasha so stolz verkündete: Ich habe fast keine weißen Freunde.“), um die Pandemie bei gutem Essen und anregenden Gesprächen auszusitzen. Über die nächsten Monate wachsen neue Freund- und Liebschaften, während sich längst vergessen geglaubte Kränkungen mit frischer Kraft manifestieren. Doch mit der Ankunft eines mythenumwobenen Hollywoodstars gerät das mühsam konstruierte Gleichgewicht dieser Wahlfamilie gefährlich ins Wanken.
Dieser Plot gibt Shteyngart die Möglichkeit über sehr vieles zu schreiben, seien es die Erinnerungen an die Jugend als Emmigrant, wofür er den Eltern lebenslang dankbar ist („Sie hatten sich der Demütigung des Flücbhtlingsdasein unterworfen, um ihn hierher in diese Gefilde zu bringen, weg von der Unterdrückung, die in ihrer zerfallenden Heimat herrschte.“), die ersten Erfolge als Schriftsteller, die andauernden Freundschaften, kulinarische Ausflüge und immer wieder die altbekannten Corona-Beschränkungen, die auch dort am Lande vorhanden sind. Die Versammelten arbeiten ihre Neurosen auf und ihre Ängste ab, es herrscht ein rechter Flow an Beziehungen, aber letztendlich entlässt der Autor im Buch und real die LeserInnen in Frieden. Sehr pointiert und witzig geschrieben.
Gary Shtengart: Landpartie (Penguin) 25 Euro,-