Die schönste Zeit seines Lebens?

Jetzt kommen sie die Corona-Bücher und man möchte fast konstatieren, dass die erzwungene Pause manchen KünstlerInnen gut getan hat. Hätten wir sonst so viel Privates von Dirk von Lowtzow, Sänger der Hamburger Band Tocotronic erfahren? Wobei in seinem Fall einmal mehr gilt, das Private ist politisch.
„Ich möchte von diesem traurigen Jahr erzählen, als wäre es die schönste Zeit meines Lebens gewesen.“
Dirk von Lowtzow inspiziert die Kunst- und Kulturszene im Stillstand, ein Leben ohne Publikum. Er flüchtet sich aufs Land, streunt über Wiesen, folgt dem Zufall und findet Wahrhaftiges. Er kartiert Wünsche, kämpft gegen Dämonen und sucht Trost in Kunst, Literatur, Filmen. So ganz nebenbei konstatiert er, dass es im Jahre 2030 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eher keine Indie-Rock-Musiker mehr geben wird und die leer stehenden Gebäude von Plattenfirmen in Zukunft für die Inszenierung von Musicals genutzt werden könnten. Ernsthaftere ist sein Verzweifeln darüber, wann das aktuelle Album rauskommen wird, wie es mit allen KollegInnen weitergehen wird und welchen Trost und Anspruch Musik bieten kann.
Während die Außenwelt auf wenige Orte reduziert wird, spielen sich zwischen den Fugen und Ritzen der von Lowtzow’schen Wohnung wahre Phantasmagorien ab. Was den Anschein eines Tagebuches hat, verwandelt sich in so heitere wie melancholische, in so präzise wie poetische Literatur. Oder wie er selbst schreibt: „Was ein Tourtagebuch hätte sein können, ist notgedrungen die Vermessung meiner unmittelbaren Umgebung geworden.“
Extra zum Buch hat der Künstler einen eigenen Song aufgenommen: Sehnsucht nach unten
Lesung am 21. April im Wiener Volkstheater
Dirk von Lowtzow: Ich tauche auf (KiWi) Euro 22,-