Digitalisierung positiv genutzt

Phononet-Geschäftsführer Albert Manzinger

Was wurde nicht gejammert, dass die Musikindustrie die Digitalisierung verschlafen hätte und damit selbst schuld sei am wirtschaftlichen Niedergang schuld. Gilt nicht pauschal, sie war nur die erste betroffene Branche. Dass man schon sehr früh den digitalen Datenaustausch auch positiv nutzen konnte, zeigt die Erfolgsgeschichte des Phononet. Geschäftsführer Albert Manzinger erklärt warum.

20 Jahre PhonoNet:  Welche Dienstleistungen bietet PhonoNet inzwischen an und wie hat sich die Firma entwickelt?
ALBERT MANZINGER: PhonoNet ist ja ein Shared Service Center für die Entertainment Industrie. Wir bieten eine einheitliche Plattform für den elektronischen Datenaustausch an. Das zu äußerst günstigen Konditionen. Nehmen wir den eMedia catalog. Der wird vom Handel genutzt. Von der Metro-Gruppe mit Mediamarkt und Saturn genauso wie von Libro und Amazon. Der eMediaCatalog ist die umfangreichste Datenbank zum Thema Musik, DVD und Games am Markt. Da können schon mal 10.000 Datensätze an einem Tag zusammenkommen. Das kann man nicht händisch erledigen. Dann gibt es noch eBusiness. Das Tool hilft beim elektronischen Bestellen und Abrechnen. Und für Musikjournalisten gibt es die Plattform MPN.
Unsere Dienstleistung wird mittlerweile um 600 Prozent mehr genutzt. Das Ganze bei sinkenden Umsätzen im Gesamtmarkt.

Wo gab es Anfangsschwierigkeiten? Wie sehr ist der Dienst heutzutage etabliert?
MANZINGER: Wir sind sehr etabliert, man kann eigentlich von einer Vollabdeckung sprechen. Sowohl der Handel als auch die Labels verwenden eMedia Catalog und des eBusiness zu fast 100 Prozent. Und 95% aller Musikjournalisten verwenden MPN. Mehr geht kaum.
Das Problem am Anfang war vor allem die Überzeugungsarbeit. Normalerweise heißt es ja: Wer zahlt schafft an. In unserem Fall kann das nicht ganz so sein. Nach Analyse entwickeln wir den Standard, der dann von allen einheitlich genutzt wird. Das klingt für manche zunächst etwas unsympathisch, wenn man genauer hinschaut, weiß man aber warum das so sein muss: so können alle einheitlich und einfach arbeiten. Das ist kosteneffizient und davon profitieren wiederum die Kunden, ansonsten würden wir genau das Gegenteil erreichen.

Wodurch konnte durch das System Kosten eingespart werden?
MANZINGER: Wir können in allen Bereichen Kosten einsparen helfen. Unsere Kunden brauchen weniger Personal, weil die Datenbank ihnen Arbeit abnimmt. Außerdem ist etwa das Abklären der einzelnen Rechte mittlerweile ganz einfach geworden. Die Metadaten werden automatisch weitergegeben. Und Musikjournalisten können sich wieder mehr auf das Hören und Beurteilen von Musik konzentrieren und die IT -Kosten lassen sich auch reduzieren.

Wer nutzt am meisten PhonoNet?
MANZINGER: Fast alle Labels, Major oder Indies, Künstler, Veranstalter, DJ’s, Promoter, Verwertungsgesellschaften, Händler und Medienpartner und damit Musikjournalisten, also eigentlich alle die in irgendeiner Form beruflich mit Musik , DVD oder Games zu tun haben, wobei wir aus dem Musikbereich kommen und dort noch immer unser Schwerpunkt liegt. Unsere Dienstleistungen richten sich aber nicht an Endverbraucher. Wir sind nur im b2b Bereich tätig.

Sind alle Händler im System bzw. wie hat sich die verändernde Handelslandschaft auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
MANZINGER: Ja, das hat sich natürlich ausgewirkt. Heute gibt es weniger Händler, dafür brauchen die mehr Daten. Ganz am Anfang hat es gereicht, Metadaten an den Händler zu liefern. Zurückgekommen ist die Bestellung. Heute kommen umfangreiche Content Daten dazu, die Händler müssen wissen wie das Cover aussieht, welche Tracks auf der CD sind. Und außerdem geht es um die Verfügbarkeit der Titel und die Lieferzeit. Zusätzlich sind neue Formate wie elektronische Rechnung oder die Langzeitarchivierung der Rechnungen dazugekommen.

Ist es vorstellbar, Phononet auf andere Produkte (DVDs o.ä.) zu erweitern?
MANZINGER: Unbedingt! Wir kommen aus der Kreativwirtschaft und kennen den Markt wie unsere Westentasche. Gleichzeitig haben wir die nötige IT Kompetenz. Diese Kombination ist selten. Im Bereich DVD sind wir auch schon gut vertreten. Warner Bros. Entertainment, Universal Picture, Sony Picture, Studiocanal – um nur einige zu nennen – sind schon Kunden bei PhonoNet.
 
MPN, das hauptsächlich für Journalisten angedacht war, konnte es sich etablieren?
MANZINGER: Absolut! Ich gehe sogar einen Schritt weiter, MPN ist inzwischen DIE Bemusterungsplattform in Österreich geworden. Ein paar Zahlen die das belegen: Vor drei Jahren sind wir gestartet. Im ersten Jahr waren wir bei 17 Tausend Downloads. Nach zwei Jahren waren wir schon bei 180 Tausend. Eine Steigerung von rund 1000 Prozent.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den Labels?
MANZINGER: Super! Ich denke es ist ein großer Vorteil, dass die Labels für MPN nur bezahlen, wenn sie es auch nützen. Und MPN ist sehr einfach zu bedienen und sehr leistungsfähig, bei gleichzeitig geringen Kosten. Und wir nehmen Änderungswünsche ernst und entwickeln die Plattform ständig weiter.
Wieviele neue Daten werden wöchentlich auf das MPN geladen?
MANZINGER: Das ist natürlich stark von den Neuerscheinungen abhängig, mal sind es 30, ein andermal 200. Im Jahr 2015 haben ca. 2500 Bemusterungen stattgefunden.
Wieviele Songs u.ä. sind durchschnittlich abrufbar?
MANZINGER: Das kann man so nicht beantworten. Die Titel die von einem Label oder Musiker ins MPN gestellt werden sind nicht automatisch für alle abrufbar. Der Rechteinhaber wählt aus, an wen die Bemusterung gehen soll und nur von dem Journalisten kann sie dann empfangen werden. Man kann als Versender hier sehr zielgerichtet und individuell arbeiten.

Welche Wünsche haben Sie an die Branche?
MANZINGER: Unser Prinzip des Shared Service Centers für die Entertainment Industrie hat sich bewährt. Ich wünsche mir, dass wir es gemeinsam weiter ausbauen und potenzielle Kunden überzeugen, gemeinsam schafft man mehr als allein und das ist auch noch günstiger.

Foto: halmen.at

PhonoNet wurde 1996 von der österreichischen Musikindustrie gegründet, um den Datenaustausch zwischen Handel, Medien und Industrie zu standardisieren und damit entscheidend zu vereinfachen. Heute unterstützt PhonoNet durch den Datenaustausch in zahlreichen Formaten und mit Katalogdatenbanken die Distribution und Vermarktung von physischen Ton- und Bildträgern und digitalen Produkten. Gegenstand des Unternehmens sind Serviceleistungen für Industrie, Handel und Medien insbesondere auf dem Gebiet der EDV.