Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle veröffentlicht Auswahlanalyse nationaler und subnationaler Fonds für die Jahre 2018-2022
Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle hat gerade einen neuen Bericht über direkte öffentliche Filmförderung in Europa veröffentlicht: Insights into direct public film funding in Europe – Insights into direct public film funding in Europe – A sample analysis of national and sub-national funds for the years 2018 – 2022. Der Bericht soll zusammenfassende Erkenntnisse zur Entwicklung der Einnahmen und Aktivitätsausgaben europäischer Filmförderungen zwischen 2018 und 2022 bieten. Die Erkenntnisse wurden auf der Grundlage ausgewählter Daten nationaler und subnationaler Filmfonds generiert. Hinweise zur Methodik und Einschränkungen entnehmen Sie bitte dem Bericht.
Einige zentrale Erkenntinisse
1. Die Einnahmen und Aktivitätsausgaben nationaler Fonds stiegen zwischen 2018 und 2022, jedoch weniger als die Inflationsrate
Die Einnahmen und Aktivitätsausgaben der Fonds stiegen 2020 und 2021 stark an, was mutmaßlich mit der COVID-Krisenhilfe zusammenhing, wohingegen 2022 die Wachstumsraten deutlich zurückgingen. Die Nettoeinnahmen der nationalen und subnationalen Fonds lagen 2022 16 % beziehungsweise 39 % höher als 2018, die Nettoaktivitätsausgaben 8 % beziehungsweise 44 %. Dem stand laut Eurostat zwischen 2018 und 2023 eine Inflationsrate von rund 22 % gegenüber.
2. Es gibt kein einheitliches Finanzierungsmodell für europäische Filmfonds, die überwiegende Mehrheit der Fonds stützte sich jedoch in erster Linie und in zunehmendem Maße auf staatliche Finanzierung
Die Fondseinnahmen können aus verschiedenen Quellen finanziert sein; europaweit gibt es eine Reihe unterschiedlicher Finanzierungsmodelle. Während einige wenige nationale Fonds ihre Einnahmen aus bis zu acht verschiedenen Quellen generieren, stützt sich die große Mehrheit der ausgewählten Fonds auf nur eine oder zwei Einnahmequellen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Staats- oder Regionalhaushalte in Kombination mit eigenen Einnahmen. 22 der 29 nationalen Filmfonds in der Datenauswahl bezogen mehr als 80 % ihrer Einnahmen 2022 aus öffentlichen Haushalten, während bei zwei Fonds Industrieabgaben mehr als 80 % der Finanzierung ausmachten und nur vier Fonds einen stärker diversifizierten Finanzierungsmix aufwiesen.
Aufschlüsselung der ausgewählten Fonds nach Finanzierungsart – 2022
In den letzten Jahren hat die Rolle der Industrieabgaben auf gesamteuropäischer Ebene abgenommen, während nationale Förderung stärker auf öffentliche Quellen angewiesen ist, da der prozentuale Anteil der Industrieabgaben am Finanzierungsmix der nationalen Fonds von 40 % im Jahr 2018 auf 32 % im Jahr 2022 zurückging.
Anteil der Einkommensquellen der nationalen und subnationalen Fonds 2009-2022
Dieser Rückgang des Finanzierungsanteils ist jedoch nicht auf einen Rückgang der tatsächlichen Abgaben zurückzuführen, die 2022 effektiv um 6 % höher waren als 2018. Vielmehr ist er durch ein überproportionales Wachstum der Fondseinnahmen bedingt, das durch zunehmende Mittel aus öffentlichen Quellen gespeist wurde, deren Anteil an der Finanzierung sprunghaft von 54 % im Jahr 2018 auf 63 % im Jahr 2022 anstieg.
Es ist zwar nicht möglich festzustellen, welcher Teil der gemeldeten Einnahmen auf Anreize entfällt, doch ist es wahrscheinlich, dass der starke Anstieg der Einnahmen aus öffentlichen Quellen auf die Aufstockung der für Anreize vorgesehenen Haushaltsmittel sowie auf die COVID-bezogene öffentliche Unterstützung 2020 und 2021 zurückzuführen ist. Die Auswirkungen der Umsetzung von Investitionsverpflichtungen, die zu einer Erhöhung des Abgabenanteils an der Finanzierung führen könnten, werden möglicherweise erst ab 2023 sichtbar.
3. Während der Löwenanteil der direkten öffentlichen Förderung in die Schaffung von Werken fließt, sinkt ihr prozentualer Anteil in dem Maße, wie die Produktionsförderung in Form von Anreizen zunimmt
Im Einklang mit dem ursprünglichen Hauptzweck der meisten Filmfonds wurde der Großteil ihrer Mittel traditionell zur Unterstützung der Schaffung von Werken zugewiesen, und der Zeitraum 2018 bis 2022 bildet hier keine Ausnahme. Bei den nationalen Fonds flossen 62 % ihrer direkten öffentlichen Förderausgaben in die Produktion (58 %) und Entwicklung (4 %) von Filmen und anderen audiovisuellen Werken. Bei den subnationalen Fonds, deren Auftrag im Allgemeinen im Vergleich zu nationalen Fonds enger gefasst ist, war der Anteil an Unterstützung für die Schaffung von Werken deutlich höher, nämlich 82 % ihrer kumulativen Nettoaktivitätsausgaben (73 % für Produktion, 8 % für Entwicklung).
Aufschlüsselung der Nettoaktivitätsausgaben – nationale Fonds 2018-2022
Der Anteil der direkten öffentlichen Förderung, die aus nationalen Fonds für die Schaffung von Werken bereitgestellt wird, ging jedoch von 66 % im Jahr 2018 auf 62 % im Jahr 2022 zurück. Der rückläufige Anteil lässt sich eher dadurch erklären, dass zunehmend direkte öffentliche Förderung in andere Aktivitätsbereiche fließt, als durch einen Rückgang direkter öffentlicher Förderung für die Schaffung von Werken in absoluten Zahlen, die während des erfassten Zeitraums stabil geblieben sind. Gleichzeitig haben sich die Beträge der Anreizförderung für die Entwicklung und Produktion von Filmen und audiovisuellen Werken, die von acht ausgewählten nationalen Fonds bereitgestellt wurden, in diesen fünf Jahren verdreifacht.
Autor
Seit September 2007 ist Martin Kanzler Film Analyst in der Abteilung für Marktinformationen der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle. Seit Juni 2019 ist er Stellvertretender Leiter der Abteilung für Marktinformationen und zuständig für den Bereich Filmstatistiken. Darüber hinaus ist er für das Sekretariat des European Film Agency Research Network (EFARN) verantwortlich.
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