It’s a people business

Ob am Attersee, im WUK oder sogar in Hamburg – wo auch immer etwas mit Musik abläuft, ist Michel Attia mittendrin. Im Brotberuf Head of Booking & Events für FM4, organisiert er seit 2016 „Michels Musikstammtisch“, bei dem sich in ungezwungener Atmosphäre Leute aus der Musikbranche zum Kennenlernen und Netzwerken treffen. Der eloquente Musikfreund über die Wichtigkeit von persönlichen Kontakten.(Foto: Peter Hörmannseder)

 Es gab natürlich auch schon vor seiner Zeit immer wieder Anlässe, um einander außerhalb der Bürozeiten zu treffen und über Musik und alles darum herum zu plaudern, es gab die Monkey.lounge  und dazwischen immer wieder Versuche, aber konsequent über die Jahre aufgebaut, hat solche Treffen eben Michel Attia, der seit knapp 30 Jahren in der Szene kein Unbekannter ist.
Es gefällt mir an all meinen Tätigkeiten, ob für FM4 oder privat, dass es immer darum geht, Leute zusammenbringen, Dinge möglich zu machen, die anderen nicht so leicht möglich erscheinen. Ich habe mir Kontakte aufgebaut und man vertraut mir. Ich bin über den Musikjournalismus und diverse Bookings zum Sender gekommen, auf Initiative des leider verstorbenen Martin Blumenau“, erinnert Michel sich an seine Anfänge. Auch nach so vielen Jahren ist er noch immer glücklich, lobt das gesamte FM4-Team und freut sich – abgesehen von administrativen Aufgaben – über jeden Teil seiner Tätigkeit.

Ich habe einen sehr vielseitigen Beruf, beschäftige mich mit Musik, Film oder Tanz, wie gerade beim wunderbaren Impulstanz-Festival, es ist sicherlich einer der besten Jobs der Branche. Ich kann neue Musik entdecken, ich kann kuratieren, ich gehe noch immer gerne zu Showcases und kann das Gesehene in meine Tätigkeit einbringen. Natürlich gibts wie überall auch Stresszeiten, denn Radio ist ein sehr schnelles Medium, da muss vieles auch recht kurzfristig passieren, aber es bleibt mir noch Zeit, mich auch privat für Musik zu engagieren.“

Die Organisation des „Michels Musikstammtisch“, der alle 2 Monate an einem Donnerstag von 18-2 Uhr früh stattfindet, macht er ehrenamtlich. „Es ist im Grunde auch Strukturarbeit und manchmal sage ich im Spaß zum mica – music austria, dass ich ihre Arbeit übernehme, denn ich bekomme speziell von NewcomerInnen auch viele fachliche Anfragen, was Labels, Verträge, Auftrittsmöglichkeiten betrifft. Ich versuche, soweit es in meinem Bereich des Möglichen ist, weiter zu helfen, aber wir haben in Österreich ja mittlerweile eine gute Infrastruktur, was Musik und Film betrifft.

Speziell die Auslandsförderungen findet Michel zielführend, denn es geht darum, gemeinsam auch im Ausland erfolgreich zu sein. Nachdem er viel in Deutschland unterwegs ist, hört er oft, dass im Moment die aufregendere Musik aus Österreich komme. Damit diese aber auch außerhalb der ExpertInnenrunden wahrgenommen wird, sind die Showcases und Festivals enorm wichtig, weiß er um die Wichtigkeit von Live-Konzerten.

Die Stammtische stehen allen offen, die irgendetwas mit Musik zu tun haben, die Mischung aus „alten Branchenhasen“ mit Newbies sei extra willkommen, denn wie es so treffend heißt „durchs Reden kommen die Leute zusammen“. Wert legt Michel aber darauf, dass es wirklich ein reiner Branchentreff bleiben soll. Obwohl die Vorbereitung nach 49 Ausgaben schon eingespielt ist, bleibt doch vieles noch immer wieder neu aufzustellen: seien es Sponsoring, andere Location oder einfach nur eine neu gestaltete Einladung. Verwundert zeigt er sich noch immer darüber, dass die Teilnehmenden bei diesen Treffs eher keine Livemusik wollen. „Die wollen sich wirklich nur treffen, unterhalten und gehen vielleicht nachher noch auf ein Konzert oder kommen von einem, aber direkt beim Stammtisch ist Musik gar nicht erwünscht. Ich mache auch keine Ansprachen oder lade Vortragende ein, die Gäste sind tatsächlich nur zum Quatschen da.

Es freut ihn, dass der Stammtisch immer diverser wird, viele junge MusikerInnen Stammgäste sind und sich beim Stammtisch sogar schon Bands wie z.B. die erfolgreichen Oehl gegründet haben.

Obwohl ich bei FM4 arbeite, ist es kein FM4-Stammtisch, sondern bunt gemischt, da sind Leute aus dem Jazz genauso dabei wie etablierte JournalistInnen. Mir wurde in der Anfangszeit vom Musikstammtisch einmal vom Geschäftsführer von Arcadia Live – Filip Potocki – erklärt, dass der Stammtisch deswegen so gut angenommen wird, weil ich so neutral wie Österreich sei. Ich denke, da ist etwas Wahres dran“, findet er den Vergleich noch immer gelungen.

Zwischen 200-400 Gäste kommen regelmäßig, die Infos verschickt er via Instagram und Facebook. „Ich als Privatperson bin da kaum aktiv, aber als Kommunikationsmittel ist es natürlich unerlässlich. Ich werde ab September auch eine Website inkl. Newsletter-Anmeldung öffnen, wo es Infos zu meinen Aktivitäten geben wird. Man muss ja mit der Zeit gehen, sonst erreicht man die Leute nicht mehr“, weiß er um die Wichtigkeit des social spreading Bescheid.

Überhaupt die Vergangenheit! „Die Zeiten, als ich in der Musikbranche begann, waren schon deutlich glamouröser, aber auch elitärer. Es dauerte, bis man zu den wichtigen Leuten vordrang, das ist heutzutage anders. Hierarchien haben sich verflacht, wenn jemand eine gute Idee hat, kann er die auch als AnfängerIn einbringen. Business kommt eher zustande, da man sich viel lockerer connectet“, bringt er wieder ein Argument für solche Netzwerktreffen ein.

Ob es als Kompliment für das Film, Sound & Media gedacht ist, dass Michel Attia, der ehemalige Journalist, Fachmedien noch immer eine Bedeutung zumisst? „Ich weiß natürlich wie herausfordernd die Situation für herkömmliche Medien ist, aber gerade bei Fachmedien, die ja nicht unbedingt tagesaktuell berichten müssen, sind oft Artikel zu lesen, die fast zeitunabhängig sind. Ich möchte und muss auch immer up to date sein, da ist es schon gut, einen Leitfaden zu haben“ bricht Michel Attia noch eine letzte Lanze für Qualitätsmedien.

Der nächste Musikstammtisch – ein Jubiläum zur 50. Ausgabe – findet am 26. September ab 18 Uhr im WUK statt!
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