Kulturausschuss im NR: von Blasmusikproben bis Ösi-Quote

Staatssekretärin Lunacek stellt stufenweise Öffnung des Kulturbetriebs ab 15. Mai in Aussicht (Foto: Andy Wenzel)

Der Kunst- und Kulturbetrieb gehört zu den am stärksten von den Maßnahmen gegen COVID-19 betroffenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Dementsprechend waren die Frage der Unterstützung der Kulturinstitutionen und der Kunst- und Kulturschaffenden in der derzeitigen Krisensituation sowie die Perspektiven einer Öffnung in den nächsten Monaten das beherrschende Thema im parlamentarischen Kulturausschuss.
Als Signal für die Wiederbelebung des Kulturlebens stimmten alle Fraktionen dafür, bald wieder Musikproben zuzulassen. Auch die Maßnahmen für gerechte Bezahlung im Kulturbetrieb sollen nach Wunsch der Abgeordneten fortgesetzt werden.

„Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, im Budget der Sektion für Kunst und Kultur in einem ersten Schritt Geldmittel für die Bereiche Musik- und Filmwirtschaft, Buch- und Verlagswesen sowie bildende Kunst zur Verfügung stellen zu können und damit einige Härten für die Branche abzufedern“, erklärte Staatssekretärin für Kunst und Kultur Ulrike Lunacek im Vorfeld des Kulturausschusses.
Das Gesamtvolumen der Förderungen beläuft sich auf 3,07 Millionen Euro. So wird die Verlagsförderung um 800.000 Euro erhöht und auf 3 Millionen angehoben, das Förderbudget für den österreichischen Film um 1,1 Millionen Euro. Die Programmkinos erhalten einen außerordentlichen Zuschuss von 500.000 Euro. Die Mittel für Kunstankäufe werden um 250.000 Euro erhöht. Der Österreichische Musikfonds erhält zusätzliche 420.000 Euro.
„Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Sparten wurde geprüft, wo es unmittelbar und dringend Maßnahmen braucht, um Strukturen zu sichern, die die Beschäftigung von Künstlerinnen und Künstlern gewährleisten und deren Arbeit auch honorieren. Die Bereitstellung dieser Förderungen ist eine wichtige Komponente im gesamten Maßnahmen-Mix der Bundesregierung“, so Staatssekretärin Lunacek. „Darüber hinaus verhandeln wir derzeit noch ein Hilfspaket für den Non-Profit-Bereich. Unser Ziel ist eine gute Lösung in dreistelliger Millionenhöhe, die großen wie kleinen gemeinnützigen Organisationen in Österreich gleichermaßen zugutekommt. Wir hoffen auf baldige Einigung mit dem Koalitionspartner. Selbstverständlich wird die Kunst und Kultur auch vom Konjunkturpaket der Bundesregierung profitieren.“

Kunst- und Kulturbericht 2018
Staatssekretärin Ulrike Lunacek stellte den jährlichen Kunst- und Kulturbericht die Unterstützungsleistungen des Bundes vor. Insgesamt wurden rund 437,55 Mio. € für Kunst und Kultur vom Bund ausgegeben, davon flossen allein rund 91,66 Mio. € auf Basis des Kunstförderungsgesetzes.
Die Diskussion des Berichts wurde von den Abgeordneten dazu verwendet, um mit Staatssekretärin Ulrike Lunacek über die derzeitige Situation der Kunst- und Kulturförderungen und von großen wie kleinen Kulturinstitutionen zu debattieren. Die Staatssekretärin erläuterte, in welchen Bereiche sie begonnen habe, Initiativen zu setzen, bevor die COVID-19-Krise die Prioritäten der Arbeit ihres Ressorts verschob. Sie habe den Dialog mit den Kunst- und Kulturinstitutionen begonnen und Gespräche zum Thema Fair Pay mit den Stakeholdern begonnen.
Vor allem die Abgeordneten der Opposition nützten die Gelegenheit zu Fragen und kritischen Anmerkungen zu den Maßnahmen der Regierung für den Kunst- und Kulturbereich angesichts der COVID-19-Krise. Gerade in diesem Bereich sei die Hilfe noch immer nicht angekommen und die Unterstützungsmaßnahmen seien unsystematisch und lückenhaft aufgebaut, war der Tenor der Kritik vor allem bei NEOS und SPÖ. Josef Schellhorn (NEOS) forderte für Kulturinstitutionen eine auf klaren Berechnungen beruhende Abgeltung ihrer Verluste. Thomas Drozda (SPÖ) hat gleichlautende Forderungen und verwies auf das Schweizer Modell der Entschädigungen. Auch müssten freie DienstnehmerInnen im Kulturbetrieb ein Kurzarbeitszeitmodell in Anspruch nehmen können, auch müssten Non-Profit-Organisationen rasch Unterstützung erhalten, hier sei die Regierung säumig. FPÖ-Mandatar Hermann Brückl meinte, es sei an der Zeit, den Festspielen, die im Sommer stattfindenden sollen, klare Perspektiven zu geben. Martin Engelberg (ÖVP) betonte, die Kunst- und Kultursektion im Bundeskanzleramt habe gerade in den letzten Wochen und Monaten sehr viel geleistet, das werde auch weithin anerkannt.

Jahresvorschau des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf EU-Vorhaben 2020
Das erste Jahresprogramm der neuen EU-Kommission 2020 unter dem Motto „Eine Union, die mehr erreichen will“ erwähne zwar die Bereiche in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) nicht ausdrücklich, heißt es in der Vorschau des Ressorts auf die EU-Vorhaben für 2020 (III-112 d.B. ). Als Querschnittsmaterie leisteten Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport jedoch wichtige Beiträge zu den EU-Zielen. Der EU-Arbeitsplan für Kultur 2019-2022 definiert fünf Bereiche, in denen der kulturpolitischen Zusammenarbeit besondere Bedeutung zugemessen wird: Nachhaltigkeit des Kulturerbes, Stärkung des Zusammenhalts durch Kultur, Unterstützung von Kulturschaffenden und europäischen Inhalten, Geschlechtergleichstellung und internationale Kulturbeziehungen. Österreich messe der kulturpolitischen Zusammenarbeit in der EU große Bedeutung bei und wirke intensiv an den EU-Expertengruppen mit, Lunacek e freue sich besonders, dass der Ratsvorsitz dem Thema der Geschlechtergleichstellung seine Aufmerksamkeit schenkt und auch die Bewahrung des Kulturerbes durch Digitalisierung vorantreiben will.

Musikproben unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen zulassen
Einstimmig angenommen wurde ein Entschließungsantrag für eine Wiederaufnahme der Musikproben im Musikland Österreich aussprechen. Aus fundierten Gutachten und Expertisen lasse sich schließen, dass bei Kleingruppen von MusikerInnen größere Abstände zwischen den TeilnehmerInnen sowie weitere Vorkehrungen ausreichend Schutz bieten, um den Probetrieb und in weiterer Folge den Veranstaltungsbetrieb wiederaufnehmen zu können.
FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger brachte zum Thema der Planungssicherheit für das Kulturleben einen Antrag seiner Fraktion ein, der aber neben seiner Fraktion nur von SPÖ und NEOS unterstützt und damit im Ausschuss abgelehnt wurde. Die Abgeordneten der Opposition vermissen einen nachvollziehbaren Fahrplan der geplanten Lockerungen für das Kulturleben. Vizekanzler Werner Kogler und die zuständige Staatssekretärin Ulrike Lunacek hätten zuletzt in dieser Frage eher Verwirrung gestiftet, als Klarheit geschaffen, sagte Reifenberger. Die heimischen Kunst- und Kulturschaffenden benötigten aber Planbarkeit, Rechtssicherheit und Klarheit für ihre Tätigkeit. Abgeordneter Weratschnig hielt entgegen, die Öffnungen würden einem Stufenplan folgen, das sei auch klar kommuniziert worden. Daher könne auch nur immer ein Bereich nach dem anderen nach sorgfältiger Evaluierung geöffnet werden.

SPÖ tritt für Fair Pay für Kunst und stärkeres Urhebervertragsrecht ein
SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits nützte die Gelegenheit, mehr Mittel für eine faire Entlohnung von Kunstschaffenden zu fordern. Die an den Kulturminister gerichteten SPÖ-Entschließung, dem Wiener Modell einer Fair-Pay-Maßnahme zu folgen und auch das Kunst- und Kulturbudget des Bundes deutlich zu erhöhen wurde mehrheitlich abgelehnt. Die Koalitionsfraktionen formulierten gemeinsam mit den NEOS im Ausschuss zum Thema Fair Pay einen eigenen Antrag, der den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport ersucht, den „bereits eingeleiteten Prozess einer Kulturstrategie ‚Fair Pay‘ den Anforderungen durch die COVID-19 Krise anzupassen, um die faire Bezahlung von in der Kunst und Kultur Tätigen zu fördern“, wie es im Antrag heißt. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS angenommen.
Eine weitere Maßnahme, um die soziale und finanzielle Situation von Künstlerinnen und Künstlern zu verbessern, besteht laut Kucharowits in der Schaffung eines wirksamen Urhebervertragsrechts. Dieses sei in Österreich jedoch noch weitgehend unterentwickelt, merkte die SPÖ-Abgeordnete kritisch an. Um die Rechte von KünstlerInnen bei Vertragsabschlüssen zu stärken, müsse die Bundesregierung einen Entwurf zu einem umfassenden österreichischen Urhebervertragsrecht vorlegen, argumentiert die SPÖ-Kultursprecherin. Ihr Antrag zu diesem Thema wurde vertagt.

SPÖ fordert erweiterten Rettungsschirm für Kunst und Kultur
Einen umfassenden Rettungsschirm, der KünstlerInnen, Kulturinstitutionen und der Kreativbranche rasche, unbürokratische Hilfe leistet, halten die SPÖ-Abgeordneten Thomas Drozda und Katharina Kucharowits zur Sicherung des Kulturstandortes Österreich während der Corona-Krise für notwendig. Die Förderkriterien seien dabei auf die spezielle Situation von Kulturschaffenden und Kreativen abzustellen, betonte Drozda. Bisher hätten viele Kreative keine, oder nur sehr geringe Unterstützungsleistungen erhalten. Die SPÖ fordert daher in ihrem Entschließungsantrag konkrete Maßnahmen für den Kulturbereich inklusive der Kulturvermittlung, für Kulturinstitutionen – inklusive der gemeinnützigen – sowie für die Kreativwirtschaft über die bereits getroffenen Einzelmaßnahmen hinaus. Laut Hermann Weratschnig (Grüne) existiert der geforderte Rettungsschirm für Kunstschaffende bereits in einer Vielzahl von Maßnahmen, die ständig ausgeweitet würden. Sein Vertagungsantrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen.

FPÖ will mehr österreichische Kunst und Kultur in öffentlich-rechtlichen Medien
Für die Forcierung der österreichischen Kunst und Kultur in öffentlich-rechtlichen Medien tritt FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger in einem Entschließungsantrag ein, der mehrheitlich vertagt wurde. Vor allem sollen laut dem Abgeordneten junge österreichische KünstlerInnen und Talente im Rahmen des Kulturauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Beachtung finden. Reifenberger will die Einführung einer „Österreich-Quote“, um österreichischen ProduzentInnen und KünstlerInnen einen entsprechenden Anteil am Sendungsvolumen zur Verfügung zu stellen. SPÖ-Abgeordneter Drozda sah den Antrag als wenig zielführend. Zum einen gebe es bereits Quoten für den öffentlichen Rundfunk. Des Weiteren würde er auch eine Verpflichtung der Privatsender wünschen, künstlerische Inhalte zu fördern.

NEOS: Verbesserte Spendenabsetzbarkeit im Kulturbereich
NEOS-Kultursprecher Josef Schellhorn will es Kultureinrichtungen leichter machen, Spenden von Privaten und Firmen zu erhalten. Dazu müssten seiner Ansicht nach allerdings die Voraussetzungen für die Spendenabsetzbarkeit im Kunst- und Kulturbereich, wie sie im Einkommensteuergesetz definiert sind, wesentlich vereinfacht werden. Schellhorn tritt dafür ein, dass für eine Absetzbarkeit von Spenden an Kultureinrichtungen künftig eine vom Finanzamt bestätigte Gemeinnützigkeit ausreicht. Unterstützung kam von Sonja Hammerschmid (SPÖ). Die von ÖVP und Grünen beschlossene Vertagung des Antrags stieß auf Kritik der Opposition. Gerade jetzt sollte die Politik Signale setzen, dass sie Kunst und Kultur unterstützt, argumentierte Henrike Brandstötter (NEOS). Diese Sicht teilte auch Thomas Drozda (SPÖ). ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer hielt entgegen, auch das Thema der Steuerabsetzbarkeit sei im Regierungsprogramm enthalten.