Obwohl der Vater in den letzten Jahren sehr anstrengend war, wirft sein Tod die Tochter dann doch ganz aus der Bahn. Er war ein Unangepasster, ein kühler Mann, der nie Gefühle zeigte und zuviel trank. Ein Mann, der aus einfachen Verhältnissen kam, ein Autodidakt war, auf seine Art ein Punk, ein leidenschaftlicher Anhänger orientalischer Philosophien, aber auch ein Alkoholiker und gewalttätiger Mann. Er rief zu den unmöglichsten Zeiten an, war launisch, unzufrieden mit seinem Leben als Witwer und die beiden Kinder lebten in anderen Städten, sodass es nicht möglich war, ihn spontan zu besuchen.
Als Anne, so der Name der Erzählerin im Krankenhaus von Poissy steht und mit ihrem Bruder die Habseligkeiten des Verstorbenen zusammenpackt, kommen aber plötzlich ganz andere Erinnerungen an den Vater auch auf. Während sie sich um die Formalitäten kümmert, die Beerdigung organisiert, das Elternhaus ausräumt, muss sie sich den widersprüchlichen Gefühlen stellen, die sie mit ihrem Vater verbindet. Diesem zwiespältigen und scheinbar unbezwingbaren der seine Familie in einen ständigen „Bürgerkrieg“ verwickelt hat. Erst als ein Brief von einer Jugendfreundin des Vaters eintrifft, beginnt sie zu verstehen, wie zerbrechlich sein Leben in Wahrheit war.
Mit viel Selbstkritik und auch Humor betrachtet Anne ihr Leben und findet schlussendlich doch noch ihren Frieden mit ihrer Familie.
Anne Pauly: Bevor ich es vergesse (Luchterhand) Aus dem Französischen von Amelie Thoma, Euro 22,-
Man ist nie zu alt, um sich verwaist zu fühlen
