VÖP: Gesetzespaket verzerrt zugunsten des ORF

Fordert weitere Adaptierungen: VÖP-GF Corinna Drumm (Foto: Michael Gruber)

Der Verband Österreichischer Privatsender hat zum vorgeschlagenen ORF-Gesetz Stellung genommen. Kritisiert wird, dass das Gesetzespaket nicht den Medienmarkt als Ganzes stärkt, sondern in erster Linie den ORF: Dessen Online-Spielraum wird erheblich ausgeweitet und zusätzlich wird der ORF-Finanzrahmen deutlich erhöht. Dies verstärkt die dominante Position des ORF im Markt – zu Lasten privater Medien, insbesondere TV und Radio.
Daher sind, nicht zuletzt aus beihilfenrechtlicher Sicht, Ausgleichsmaßnahmen notwendig, um die negativen Wettbewerbsauswirkungen zu kompensieren. Die im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen verfehlen diesen Zweck. Die Werbebeschränkungen haben nahezu keinen Effekt, und die Maßnahmen zur Stärkung der Zusammenarbeit von ORF und privaten Sendern sind zu eng gefasst.
Wenn der Gesetzgeber tatsächlich Medienvielfalt in Österreich fördern will, dann darf er nicht nur eine Seite des Markts – den ORF – stärken, da dadurch das Risiko von Marktkonzentration und Marktaustritten privater Anbieter erhöht wird. Vielmehr müssen wirksame gesetzliche Schritte für das Funktionieren des dualen Rundfunkmarkts gesetzt werden, insbesondere im Bereich der Vermarktung.

Die Bundesregierung hat im April 2023 angekündigt, zusätzliche ORF-Werbebeschränkungen im Gegenwert von 25 bis 30 Millionen Euro umzusetzen. Aber: Die vorgeschlagenen Einschränkungen bei der Radiowerbung würden nur zu Mindereinnahmen von 0,2 Millionen Euro führen, das sind weniger als 1% des von der Politik gewünschten Effekts. Im Bereich der TV-Werbung sind bislang gar keine Werbebeschränkungen vorgesehen, und die Online-Werbebeschränkungen werden nicht zu Erlösreduktionen führen, sondern sogar Erlössteigerungen zulassen. Dies geht aus dem Gutachten des österreichweit anerkannten Werbeexperten Peter Lammerhuber hervor, das vom VÖP beauftragt und der Stellungnahme beigefügt wurde.
Lammerhuber schlägt folgerichtig zusätzliche Beschränkungen vor, um das von der Bundesregierung gesetzte Ziel zu erreichen: Die Möglichkeit zur Überschreitung der täglichen Werbezeitgrenzen in TV und Radio (sog. „Durchrechnung“) sollte komplett beseitigt werden, und zudem sollte die Werbebelastung im ORF deutlich reduziert werden, durch Reduktion der Werbezeit im TV-Hauptabend auf 15 Minuten bei gleichbleibendem Tagesgesamtlimit und durch Reduktion der vermarktbaren Werbeminuten bei Ö3 und gesamt im ORF-Radio um jeweils 15%.
Corinna Drumm, Geschäftsführerin des VÖP, fasst die Sichtweise des privaten Rundfunks folgendermaßen zusammen: „Um das Medien-Ökosystem und insbesondere die Vielfalt von Privatradio und Privat-TV zu beschützen, sind jedenfalls noch umfangreiche Adaptierungen des vorgelegten Gesetzesentwurfs erforderlich. Die von Peter Lammerhuber vorgeschlagenen Maßnahmen zur Reduktion der Werbeintensität des ORF sind das absolut nötige Mindestmaß als Ausgleich für die Stärkung des ORF infolge des Gesamtpakets. Andernfalls bleiben private TV-, Radio- und Online-Angebote aus Österreich der übermächtigen kommerziellen Konkurrenz durch den ORF ausgesetzt. Dies gefährdet die Vielfalt, Qualität und letztlich die besondere Rolle der Medien für das Funktionieren der Demokratie in Österreich.“