Ein großes Haus von oben bis unten zu putzen, würde wahrscheinlich ähnlich viel Zeit brauchen wie die Lektüre dieses Romans, wobei man bei letzterem mehr Vergnügen hat.
Aus Polen kamen früher die Putzfrauen, heutzutage sind es Pflegerinnen, die im Westen die Arbeit machen, wofür sich hierzulande kaum mehr wer findet. Kein Wunder, es handelt sich um anstrengende Arbeiten auf unsicherer Basis, immer auf der Hut sein vor den Launen der Geldgeber. So geht es auch Jola.
Ausgebrannt und doch voller Hoffnung sitzt die Anfangsfünfzigerin in einem Minibus, der aus Polen kommt und in Deutschland Pflegekräfte abliefert wie Pakete. Sie macht diese Arbeit schon lange und hat deswegen auch schon früh ihre damals kleine Tochter in der Heimat zurücklassen müssen, heutzutage ist das Verhältnis gestört und die Mutter leidet sehr darunter. Bei ihrer neuen Arbeitgeberin soll es aber besser werden, denn über Ursula »Uschi« von Klewen, Matriarchin einer Hamburger Arztfamilie, hat Jola von ihrer Vermittlungsagentur nur Gutes gehört. Die Erfahrung lehrt sie, sich anzupassen, um ihrer deutschen Chefin zu gefallen.
Die Annäherung der beiden geschieht langsam, jede versteckt vor der anderen Geheimnisse und auch wenn sie sogar gemeinsam in die Neue Philharmonie Hamburg fahren, ist das Abhängigkeitsverhältnis von Jola spürbar. Und die Chefin hat Geheimnisse, über die niemand aus der Familie Bescheid weiß.
Die deutsch-polnische Schriftstellerin Mia Raben weiß ganz genau worüber sie schreibt, sie lässt den beiden Frauen ihre Würde und streut immer wieder ein paar polnische Bonmots ein. Und nach der Lektüre wird man den Vicky Leandros-Song „Theo, wir fahren nach Lodz“ mit ganz anderen Ohren hören.
Mia Raben: Unter Dojczen (Kjona) Euro 23,-