Die vertraute Welt wurde ausgerottet

In drei Sommermonaten kann viel passieren, aber bei der aus Baku stammenden, in Wien lebenden Autorin Olga Grjasnowa geht es weniger um kurze Romanzen als um eine Spurensuche ihrer Familie.

Lous zweiter Ehemann ist eine Trophäe – das muss selbst ihre Mutter anerkennen. Sergej ist Pianist und er ist jüdisch, genau wie Lou. Trotzdem ist ihre Tochter Rosa noch nie in einer Synagoge gewesen – eine ganz normale jüdische Familie in Berlin. Aber sind sie noch eine Familie, und was ist das überhaupt? Um das herauszufinden, folgt Lou der Einladung zum 90. Geburtstag ihrer Tante. In einem abgehalfterten Resort auf Gran Canaria trifft der ganze ex-sowjetische Clan aus Israel zusammen, verbunden nur noch durch wechselseitige Missgunst. Gegen die kleinen Bösartigkeiten und die vage Leere in sich trinkt Lou systematisch an und weiß plötzlich, dass die Antwort auf all ihre Fragen in der glühenden Hitze Tel Avivs zu finden ist.
Zerfällt wirklich alles, wenn man die Wahrheit herausfinden will? Ist das Leben nur als Fassade erträglich? Und warum bekommt ein erfolgreicher Konzertpianist plötzlich Panik?
Das alles sind schwierige Fragen, aber zum Glück ist die Erzählerin sehr schlagfertig und zynisch, sodass man sich über diese Irrungen im Leben doch noch gut unterhalten kann.
Olga Grjasnowa: Juli, August, September (Hanser Berlin) Euro 24,-
Gelesen von Marit Beyer (Hörbuch Hamburg)