Was in Österreich das schreibende Paar Monika Helfer/ Michael Köhlmeier ist in den Niederlanden Jessica Durlacher & Leon de Winter (inkl. Nachwuchs). Sie bringen viele Bücher ein, heben ihre Stimme, wenn es notwendig erscheint und zählen ein wenig zu den erfolgreichen, intellektuellen Glamour-Couples.
Nun hat Jessica Durlacher nach längerer Zeit wieder einen Roman geschrieben und aufgrund der ausufernden Geschichte wird einem schnell klar, dass sie jahrelang an dieser Geschichte gearbeitet hat.
Es beginnt fulminant mit dem auf der ganzen Welt bekannten Datum 11. September 2001, als sich die Familie der Ich-Erzählerin in New York befindet und eigentlich einen Freudentag begehen wollte. Bekanntlicherweise kam alles ganz anders und die Familie kehrt einigermaßen traumatisierte in die Niederlande zurück, wo der Vater Bor als Anwalt, die Mutter als Psychotherapeutin arbeitet, der ältere Sohn widerspenstig und wütend ist und gleichzeitig der Liebling der Mutter und die beiden jüngeren Geschwister alle auf Trab halten. Als fast alles in Chaos endet, kommt es zur Begegnung mit Amal, einer geflüchteten Somalierin, die für alle zum Stützpunkt wird. Die Kinder lieben sie heiß und innig, für die Mutter Zelda wird sie zur Vertrauten und Vater Bor versucht anhand dieser Konstellation die jüdisch-muslimische Beziehung im allgemeinen zu verbessern. Das ist auch dringend notwendig, denn Amal, die sich als glänzende Sängerin entpuppt, nimmt bei einer Castingshow teil und entledigt sich dort vor laufender Kamera ihres Kopftuchs. Von da an wird die junge Flüchtlingsfrau bedroht, muss sich verstecken und auch die Familie Zeldas wird in ein furchtbares Unglück verstrickt. Aber dann ist die Geschichte noch immer nicht aus…
Der Roman ist sehr gefinkelt aufgebaut, die einzelnen Charaktere fein gezeichnet, Durlacher flicht viele kluge Sätze über unsere Gegenwart ein und schafft es trotz vieler vieler Fallstricke ein halbwegs versöhnliches Ende herbeizuführen.
Jessica Durlacher: Die Stimme (Diogenes) Euro 22,-