Hetty Beauchamp – eine unvergessliche Heldin

Die Bücher des englischen Autor J.L. Carr zu lesen ist wie Hugh Grant-Filme zu schauen. Angesiedelt in einer ganz anderen Welt und doch ist einem der leicht süffisante Stil nur allzu vertraut. Wahrscheinlich ist es der britische Humor, der viele Bücher, Filme, Serien von der Insel so herausragend macht.

Bei dieser Geschichte ist man verblüfft, dass sie Ende der 1980-er Jahre spielt, denn so wie die Hauptpersonen miteinander sprechen, könnte es auch 100 Jahre davor angesiedelt sein. Und über Rassen- und soziale Unruhen wurde bisher auch selten mit solch einer Freundlichkeit geschrieben, aber es wäre falsch dies zu kritisieren, denn man will bei Büchern von Carr eben nichts über das reale Leben erfahren. Nur ein kleines Beispiel: über einen einfach gestrickten Verehrer meint Hetty lapidar: „Gütiger Himmel, wenn man bedenkt, dass es seit einem Jahrhundert das Konzept „Bildung von unten“ gibt.“
Die 18-jährige Hetty steht kurz vor dem Schulabschluss. Für die Zeit danach hat sie große Pläne: Sie will Literatur studieren, etwas aus ihrem Leben machen! In ihrem kleinbürgerlichen Elternhaus schlägt ihr wenig Verständnis entgegen – das gilt vor allem für ihren cholerischen Vater. Als sie erfährt, dass sie adoptiert worden ist, läuft Hetty davon. Ihr Weg führt sie nach Birmingham, wo sie ihre leiblichen Eltern finden will. Sie kommt in der Pension der exzentrischen Rose Gilpin-Jones unter. Die hilfsbereite Landlady unterstützt sie bald bei der Suche nach ihrer wahren Familie. Und während Hetty das Stadtleben kennenlernt, ganz besondere Menschen trifft und die eine oder andere Enttäuschung erfährt, begreift sie vor allem eines: Es ist nicht wichtig, woher wir kommen, sondern wohin wir gehen wollen. Schließlich entwickelt sich eine Zukunftsperspektive in Cambridge, die ihr sehr verlockend erscheint …


J.L. Carr: LEBEN und WERK der Hetty Beauchamp (Dumont). Gebunden mit Strukturpapier, Hochprägung, farbigem Vorsatz und Lesebändchen, 22,- Euro