In Zeiten vor den Streaminggiganten gab es für Bands oft die Entscheidung „Die Industrie“ versus „Die Indies“. Die einen bestimmten in den Augen der anderen alles, die wiederum trachteten auch danach, mit ihrer Musik Geld zu verdienen. Lang, lang ists her, aber vielleicht wird es in Zukunft wieder so werden, wie der neue Roman von Eckhart Nickel ein wenig andeutet.
Karen sucht ein WG-Zimmer und landet in einer Band, von der nur der Name existiert. Mit PUNK wollen Lambert und Ezra beweisen, dass das immer noch geht: mit drei Akkorden ohne groß Aufhebens Musik machen und dabei eine coole Figur abgeben. Ein Wettbewerb, veranstaltet von „Die Industrie“ steht an und Karen soll dem rauen Duo mit ihrer Kopfstimme intellektuellen Schliff verleihen. Lambert, klassischer Nerd, ist für technische Details zuständig, während der romantische Analogiker Ezra Original-Instrumente aus der Punk-Zeit beisteuert. Karen spielt keines davon, droht aber, mit ihrem Gefühlsüberschwang alles aus dem Konzept zu bringen.
Eckhart Nickel, der zum popliterarischen Quintett „Tristesse Royale“ (1999) gehörte, hat offenbar immer seine Ohren am Puls der Zeit. Seine letzten beiden Bücher beschäftigten sich mit Kulinarik (Hysteria) und Kunst (Spitzweg), nun erinnert er sich an die Musik seiner Jugend und widmet dem Punk eine ganze Geschichte. Wobei die Triebfeder vielleicht egal ist, es geht darum, wie man künstlerisch die Welt verändern will bzw. noch die Hoffnung hat, es mit seiner eigenen Kreativität zu schaffen.
Und auch wenn es für viele keine Musik ist, wenn man kaum 3 Akkorde beherrscht, so weiß man doch um den Einfluss dieser wilden Gattung. Und nebstbei würdigt Nickel mit seiner Heldin Karen auch Musikerinnen wie Debbie Harry, Siouxsie Sioux, Lene Lovich oder die Urmutter des Punk Vivienne Westwood.
Eckhart Nickel: Punk (Piper) Euro 23,-