Ein Bluessänger in Istanbul

Er hat zwar das Gedächtnis verloren, nicht aber seine Sprache: Boratin, ein junger Musiker öffnet nach einem Selbstmordversuch in einem Istanbuler Krankenhaus die Augen. Er kann sich an nichts erinnern, nicht einmal an seine eigenen Lieder. Für ihn besteht kein Zweifel daran, dass die einzige Wahrheit sein geschundener Körper ist. Nicht wissend, ob das Vergessen nun Fluch oder Segen ist, begibt er sich nach draußen, auf die Suche nach sich und seiner Geschichte, mitten hinein in die flirrende Metropole am Bosporus, die ihm in ihrer Gebrochenheit und ihrer Geschichtsvergessenheit zum Erschrecken ähnlich ist.
Das ist mit Sicherheit kein leichter Sommerroman, vielmehr lässt einem beim Lesen Vieles verzweifeln: das Mitleid mit dem verlorenen Musiker, aber auch die generelle Situation in der Türkei, speziell in Istanbul. Was wurde und wird dieser einzigartigen Stadt nur angetan! “Die Stadt ist erstickt unter der dunklen Decke ihres einstigen Zaubers“.
Aber wenigstens gibt es das Meer und die Musik, beides für Boratin und ganz offensichtlich für den Autor Burhan Sönmez ein ewiger Trost.
Burhan Sönmez: Labyrinth (btb)