Im besten Sinne altmodisch ist an diesem Buch alles: die äußere Aufmachung ist höchst qualitätsvoll, so dass man das Büchlein einfach gerne in der Hand hält und inhaltlich, weil es in einer vergangenen Zeit spielt und eine ebensolche Sprache verwendet. Es geht um Verirrungen & -wirrungen im akademischen Milieu, ausgehend vom Kriegsende 1946 bis zu unserer Zeit, die aber nicht merkbar in Erscheinung tritt. Wie es sich für einen englischen Roman gehört, spielen schöne Häuser und Gärten eine Rolle, es werden selbstverständlich Gurkensandwiches gereicht und viel Tee getrunken und dazwischen viel philosophiert, denn die verschiedenen Erzählerinnen sind Therapeut:innen, ein Theologe und ein Arzt.
Eine Woche bis zur Hochzeit ihrer Tochter und Agnes beschleicht ein ungutes Gefühl: So viele Therapeut:innen unter den Gästen, wenn das mal gut geht. Sie ahnt nicht, wie recht sie hat! Da wäre zum Beispiel ihr Onkel Malcolm, der Agnes nach dem Tod ihrer Eltern aufzog und nie den Mut aufbrachte, ihr zu erzählen, wessen Kind sie wirklich ist. Joseph wiederum ist heimlich in Agnes verliebt, seit sie vor Ewigkeiten bei ihm in Therapie war. Beide Männer haben sich vorgenommen, ihre Geheimnisse endlich zu lüften. Der größte Risikofaktor für die Hochzeit ist jedoch Agnes selbst, die sich gerade von einer intensiven Affäre erholt, von der niemand wissen soll.
So leichtfüßig die Geschichte geschrieben scheint, muss man vor allem anfangs genau aufpassen, um zu wissen, wer wie mit wem etwas zu tun hat. Und die Auflösung ist auch spannend …
Jane Campbell: Bei aller Liebe (Kjona), übersetzt von Bettina Abarbanell, Euro 24,-‚
VÖ: 19.08.24