Hugo braucht kein Tinder

Gerne wirft man einen Blick in die Welt der Upperclass, die eine schöne Wohnung in Manhattan, ein ebenso schönes Haus in den Hamptons eigen nennt und in den europäischen Luxushotels gerne gesehene Gäste sind, nicht zuletzt weil Amerikaner großzügige Trinkgeld geben. Einige der älteren amerikanischen Schriftsteller haben diese Gesellschaft im Fokus und liefern entlarvende Einblicke, so auch Louis Begley. Diesmal geht es um den 85-jährigen Hugo Gardner, einst ein erfolgreicher Auslandskorrespondent für das Time- Magazin, der zu Anfang des Romans von seiner 20 Jahre jüngeren Frau verlassen wird, weil diese ihn, genauso wie die entfremdete Tochter für einen Langeweiler hält. Zumindest ist er ein kultivierter, der sich für Kulinarik, Kultur und Politik gleichermaßen interessiert und deswegen auch für die älteren, alleinstehenden Frauen in seiner Umgebung ein Objekt ihrer Begierde ist. Die bevorstehende Scheidung ist nicht der einzige Schicksalsschlag, als er zusätzlich erfährt, dass er Prostatakrebs hat, begibt er sich nach Europa auf eine Reise in die Vergangenheit. In Paris trifft er auf seine ehemalige Geliebte Jeanne, die sich über alle Maßen freut, ihn zu sehen. Und hier beginnt leider die Crux dieses Romans.
Man wird man dem ausufernden Sexualleben dieser beiden älteren Menschen in einem Übermaß konfrontiert, dass es einem bald auf die Nerven geht. Wie oft und wie und wo es sie treiben, kein Detail bleibt unerwähnt. Weiß der Teufel, was Begley da geritten hat Altherrnfantasie, Atlherrnbestätigung, Altherrn… ? Schade, denn schreiben kann er noch immer gut.
Louis Begley: Hugo Gardners neues Leben (Suhrkamp) Euro 24,-