Im Delirium oder Realität?

Es ist zwar nur ein schmales Buch, aber der Vorarlberger Autorin Christina Walker gelingt es nach wenigen Seiten, einem mit ihrer Hauptperson mitleiden zu lassen bzw. nicht mehr zu wissen, was nun real ist.

Der Erzähler, Alexander Höch, gerade aus der Chemotherapie entlassen, muss aufgrund der eigenen Haussrenovierung in einer fremden Wohnung Unterschlupf finden. Nachdem er nichts zu tun hat, schaut er viel aus dem Fenster und beobachtet die Krähen in der Platane vor dem Wohnhaus, die sich diesen Ort offenbar als Treffpunkt ausgemacht haben. Sehr zum Unmut von Melitta Miller, der Nachbarin, die zuweilen nach dem Rekonvaleszenten sieht und die mit ihrer Krähenabwehr immer radikalere Mittel findet, um die gefiederten Zuwanderer aus der Straße zu vertreiben. Und genau das wiederum weckt die Abwehrkräfte von Höch, der sich gegen diese Vertreibung wehrt und die Vögel besser zu verstehen meint als seine Mitmenschen. Immer skurriler werden die Mittel auf beiden Seiten und mittendrin die klugen Vögel. Ist das alles nur geträumt, ist Höch im Delirium aufgrund seiner überstandenen Krebserkrankung?
Jedes Wort sitzt in dieser fantasievollen Geschichte und die Vögel vor dem Fenster beobachtet man nach der Lektüre mit sicherlich anderen Augen.
Christina Walker: Kleine Schule des Fliegens (Braumüller) Euro 22,-