Lass uns weg hier!

Wer ein wenig die Geschichte der Türkei kennt, kann nicht umhin festzustellen, dass das politische Leben gewissen Zyklen unterworfen ist. Wiederholt hat sich das Militär an die Macht geputscht und das politische Leben zum Erlahmen gebracht. Oder es regiert ein Mann schon so lange, dass Widerstand offenbar sinnlos ist oder wie Özge Inan in ihrem Debüt schreibt: „Ich seh’s kommen. In fünf Jahren hat der letzte kluge Mensch seine Koffer gepackt, und dann sind wir hier allein mit den ganzen Idioten.

Die junge Nilay will von Berlin nach Istanbul, um dort die Proteste im Gezi-Park am Taksim Platz zu unterstützen. Es ist das Jahr 2016 und das Mädchen hat keine Ahnung, warum ihre Eltern, Hülya und Selim ihr Heimatland verlassen mussten. Auch diese waren logischerweise mal jung und versuchten 1980 die Gesellschaft zu verändern: an der Uni wurden Proteste organisiert, die Studentinnen schlossen sich zu Frauenverbänden zusammen, um das patriarchalische System zu ändern, Kommunismus war noch eine Richtung, die man anstrebte und kurdisch war schon damals verboten. Während in den Städten eine gewisse Aufbruchsstimmung vorherrschte, hat die Tradition die ländliche Bevölkerung voll im Griff. Daraus auszubrechen, gelingt den wenigsten.
Mit großer Dringlichkeit und Hellsicht erzählt Özge İnan die Geschichte einer Familie, die nicht aufgibt. Eine Geschichte von Freundschaft und Verrat, von Liebe und Wut.
Özge Inan: Natürlich kann man hier nicht leben (Piper) Euro 24,-