Im selben Jahr, nämlich 1995, in dem Österreich der EU beitrat und die SPÖ noch stimmenstärkste Partei war, stimmte die irische Bevölkerung mit nur 1 % Unterschied für die Abschaffung des Ehescheidungsverbots ab. Ein Recht, das vor allem Frauen wollten und schließlich bekamen. Wie es einer Frau ging, die gegen den Strom schwamm, beschreibt der irische Autor Alan Murrin höchst genau und eindringlich.
Herbst 1994. Die Bewohner des irischen Küstenstädtchens Ardglas beschäftigt nur ein Thema: Colette Crowley – Dichterin, Bohemienne, die Frau, die ihre Familie verlassen hat, um in Dublin ihr Glück zu finden – ist zurück und wohnt in einem kleinen Cottage an der Coast Road. Jeder ihrer Schritte wird von der Gemeinde argwöhnisch beäugt, aber einmischen traut und will sich niemand. Hat sie es verdient, dass ihr Mann ihr den Zugang zu den Kindern verwehrt? In ihrer Verzweiflung bittet Colette eine Bekannte um Hilfe, Izzy Keaveney, Hausfrau und Mutter, unglücklich verheiratet mit einem Lokalpolitiker. Und auch die Dritte, für das Ende nicht unwichtige Frau Dolores Mullen, ist in einer Ehe gefangen, die sie anfänglich nicht so empfindet, aber im Laufe er Geschichte sich emanzipiert.
In schnörkelloser Prosa, mit psychologischem Feingefühl und großartiger Beobachtungsgabe erzählt Alan Murrin von den gesellschaftlichen Einschränkungen, die Frauenleben in Irland vor gerade einmal dreißig Jahren bestimmten– und beleuchtet dabei subtil, was Frauen überall auf der Welt auch heute noch davon abhält, ihre Partner zu verlassen.
Alan Murrin setzt die Tradition der irischen Heimatautoren gekonnt fort: in einem sehr ruhigen Ton mit einer genauen Beobachtung seziert er die Gesellschaft seines Landes, ohne je zu urteilen. Sehr vielversprechendes Debüt!
Alan Murrin: Coast Road (dtv) Euro 24,-