Was war dein Vater für ein Typ?

Wer die großartige Serie „This is Us“ kennt, weiß, wie geschickt man ein Familienleben nachzeichnen kann, indem man immer wieder Zeiten und Perspektiven wechselt und trotzdem in jeder Episode wieder den gemeinsamen roten Faden findet. Ähnlich verfährt auch der niederländische Autor Daan Heerma van Voss in seinem großen Familienroman.
Oskar, Filmemacher und Vater von drei erwachsenen Kindern, stirbt unerwartet am Flughafen Schiphol. Obwohl er schon länger nicht mehr präsent war im Leben von Cat, Moor und Tessel, wirft sein Tod sie nachhaltig aus der Bahn. Wie verabschiedet man sich von einem Vater, den man kaum noch kannte? Dessen plötzlicher Tod einen ohne die Chance auf ein letztes Gespräch, eine letzte Konfrontation zurücklässt? Wissen sie überhaupt irgendetwas von seinem Leben als jungen Mann? Was war passiert, wenn es heißt, „Oskar, der es gewohnt war, nicht genau zu wissen, was er empfand, der seine Jugend überstanden hatte, weil er verdrängte, was in ihm vorging, um nicht verrückt zu werden…
Der Werdegang vom Amateurfotograf zum Regisseur, der in Hollywood ein- und ausging ist besonders amüsant zu lesen.
Während sie zusammen mit ihrer Mutter die Beerdigung vorbereiten, bringen die Dinge, die Oskar zurückgelassen hat, Erinnerungen und Geheimnisse ans Licht und konfrontieren die Hinterbliebenen mit sich selbst, miteinander und wichtigen Lebensfragen.

Der Roman ist quasi die europäische Antwort auf die vielen amerikanischen Familiengeschichten, die schon geschrieben wurden, die Personen sind eher Außenseiter, die sich jede auf ihre Art mit den gesellschaftlichen Gepflogenheiten auseinandersetzen und sich trotz aller Unterschiede auf viele geschwisterliche Gemeinsamkeiten verlassen können. Und wenigstens wird nicht über das Erbe gestritten.
Daan Heerma van Voss: Heute kein Abschied (Diogenes).Aus dem Niederländischen von Gregor Seferens. Euro 26,-