Ford Explorer & Jurassic Park, Spice Girls & Anti-EU, Tates & Fremdenfeindlichkeit, Techno & Nirwana, Milchschaummuster & Mobiltelefone – dem Autor Jens Balzer gelingt mit seinem Blick auf die 1990-er Jahre, teils verblüffend logische Zusammenhänge aufzuzeigen.
Was dieses Sachbuch zu solch einer spannenden Lektüre macht, sind die ausgewählten Themen. Der Autor konzentriert sich auf Bereiche, die teils damals schon schrecklich waren und es noch immer sind (Fremdenfeindlichkeit, Neonazis, Fatwa, Klimawandel), teils populäre Erscheinungen, deren Grundstein in den 1990-ern gelegt wurde und die auch 20 Jahre später noch immer Relevanz haben (Simpsons, Jurassic Park, Google).
Ausgehend vom Fall der Berliner Mauer 1989 stellt der Autor seine These der 90er Jahre unter das Motto, dass es keine Grenzen mehr gäbe. Die Welt rückt zusammen, und sie vernetzt sich. Die ersten Knoten des World Wide Web werden geknüpft, die ersten Suchmaschinen programmiert. In Berlin wird Techno zum Soundtrack der Wiedervereinigung, Neonfarben beherrschen das Bild, Piercings und Tätowierungen erobern den Mainstream, das Arschgeweih gerät zum stilistischen Symbol der Dekade. Aber unter der heiteren Oberfläche brechen alte Konflikte auf, Gespenster aus der Vergangenheit kehren zurück.
Sehr retro mutet an, dass man zu dieser Zeit noch ein Fernsehmagazin so bewerben durfte: „M wie Musikeln, M wie Mädchen, M wie Motoren, M wie Manager und M wie Mut – kurz: M wie Mann.“
In einem großen, farbigen Panorama erzählt Jens Balzer von einem Jahrzehnt, in dem man an die Zukunft glaubte und ans «anything goes» – und in dem doch auch ein neues Zeitalter der Grenzen, der Identitäten und der Kämpfe beginnt.
Jens Balzer. No Limit. Die Neunziger. Das Jahrzehnt der Freiheit (Rowohlt Berlin) Euro 28,-