Sich vom Schicksal treiben lassen

Wer Oberösterreich ein bisschen kennt, dem kommt so vieles bekannt vor in dem neuen Roman von Reinhard Kaiser-Mühlecker. Die Autobahn, die die Landschaft durchpflügt, die weiten Felder mit den verstreuten, mächtigen Bauernhöfen, deren stolze Bewohner, die Stammtischgespräche, die Einsilbigkeit, die nur beim Biertrinken abgelegt wird und die Hierarchien, die unumstößlich scheinen. Einer, der das Bauernleben aber wirklich kennt und darüber glänzend schreiben kann, ist eben dieser Autor. Man könnte fast von einem Familienroman sprechen, hätte nicht die Natur einen fast eben so großen Stellenwert wie die unterschiedlichen Beziehungen, denen die Hauptperson Jakob ausgesetzt ist.

Er führt den Hof der Eltern und kämpft gegen den Niedergang. Als die Künstlerin Katja sich als Praktikantin anbietet, scheinen sich die Dinge zum Guten zu wenden. Gemeinsam bauen sie eine biologische Tierhaltung auf, sie heiraten und bekommen einen Sohn. Doch Jakob findet keine Ruhe, sein grausamer Zorn bricht immer wieder hervor. Hat Katja ihn getäuscht, hat sie nur mal einen wie ihn haben wollen, einen Bauern?
Man möchte Jakob schütteln und zum Reden bringen, aber wenn es nicht mal seine Liebe schafft, wer dann? Unfähig, sich vom Schicksal zu befreien, stolpert er einsam durchs Leben, auch wenn er sich äußerlich vom schüchternen Sohn zum erfolgreichen Bauern gewandelt hat. Aber nur er weiß um seinen Zorn, von dem – einmal gepackt, es zu einem Blutrausch kommen könnte.
Reinhard Kaiser-Mühlecker: Wilderer (S. Fischer) Euro 24,-
Lesungen: 12.5. Salzbug, 1.6. Eisenstadt