Wir unterstellen nichts

Einen höchst verblüffenden Roman legt die junge Niederländerin Gerda Blees vor. Weniger vom aktuellen Inhalt, denn vom Perspektivenwechsel, der u.a. auch die Zellwände, einen Kugelschreiber oder den Tatort miteinschließt. Nachdem die Geschichte ein wenig wie ein Krimi aufgebaut ist, ist das durchaus logisch. Alles und jede(r), die/der/das nur irgendwie am Leben der Verstorbenen teilnahm, darf ihre/seine Sicht der Dinge kundtun.

Eine Wohnung, drei Frauen, ein Mann. Eine der Frauen ist tot. Als der Notarzt eintrifft, herrscht eine ruhige, ja unheimliche Atmosphäre, und er stellt fest: Elisabeth ist – vor den Augen ihrer Mitbewohner – verhungert. Muriel, Petrus und Elisabeth haben, jeder auf eigene Art, den Halt im Leben verloren. Elisabeths Schwester Melodie und der Verzicht auf Nahrung scheinen diese Lücke zu füllen. Was sich von innen – bis in den Tod – richtig anfühlt, ist von außen nur sehr schwer zu fassen.
Ein unkonventioneller, spannender Roman – und die Geschichte einer stillen Radikalisierung. Für ihren herausragend modernen Debütroman erhielt sie zahlreiche Preise.
Gerda Blees: Wir sind das Licht (Zsolnay) Euro 24,-  Als Hörbuch in einer ungekürzten Lesung mit Claudia Michelsen, Jannik Schümann, Sandrine Mittelstädt, Benno Fürmann (der Hörverlag)