„Wir wollen keine Voyeure sein“

 

Von Neuseeland über den Selbstmörderwald von Aokgigahara in Japan bis hin zur einsamen Insel vor Mozambique – der Autor Alard von Kittlitz (Journalist u.a. bei der „Zeit“) nimmt einem bei seinem Debüt mit durch die ganze Welt und zu jedem Ort hat er eine passende Geschichte. Vordergründig geht es um das Leben des begehrten Produktdesigners Peter Siebert, der zwar weiß, was die Menschen wollen, nicht aber, wer er ist bzw. warum er so wurde. Eine geheimnisvolle Firma aus dem Silicon Valley lädt ihn zur Mitarbeit an ihrem zukunftsträchtigen Projekt ein und Siebert ist trotz mühsamer Aufnahmegespräche höchst angetan, für diese Company arbeiten zu dürfen. Worum es dabei geht, kristallisiert sich erst gegen Ende des Buches heraus, aber bis dahin hat man schon so viel erlebt, gelesen, dass einem das Ende gar nicht mehr verwundert.
Was hat dieser Autor doch für eine Fantasie und Wissen! Leichtfüßig gelingt es ihm, über Musik, Philosophie, Transzendenz, AI, Neurochirugie, Kunst etc. zu schreiben und vom Feinschmeckerlokal Noma in Kopenhagen zum Erzengel Gabriel so zu switchen, dass es einem ganz logisch erscheint. Fast filmmäßig tauchen Personen auf, deren Vorhandensein der Grund für wieder neue Spuren und Anekdoten ist, die Kittlitz gekonnt verwebt. Ironisch schaltet er sich auch immer wieder als Erzähler ein, der offenbar seine LeserInnen sehr genau kennt.
„Solche Gedanken spricht man nicht aus. So eindrucksvoll ekelhaft sie auch sein mögen.“ „Sonder“ ist eine rasante Mischung aus Abenteuerroman, Wissenschaftsthriller, Horrorfilm („blutige Wollust breitet sich wie Senfgas aus“) und Liebesgeschichte und sicherlich eines der viel beachteten Bücher dieses Herbstes.
Alard von Kittlitz: Sonder (Piper)