Zwischen Päuschen und Panik

Uneitel ist Joachim Meyerhoff beileibe nicht, auch wenn er sich in seinen biografischen Romanen oft als Dödel beschreibt, aber er weiß ganz genau um seinen Stellenwert (sei es im Theaterverliebten Wien, sei es mit 2,3 Mio verkauften Büchern als Megabestsellerautor). Die Medien reißen sich um ihn, wenn er wieder ein neues Buch geschrieben hat oder gar für eine Lesung in die Stadt kommt (Wien, Burgtheater, 1.12.).
Der vor 2 Jahren erlebte Schlaganfall hat dazu geführt, dass seine biographische Reihe „Alle Toten fliegen hoch“ weitergeführt wird. Wir erleben Meyerhoff diesmal als „Schlagerl-Patient“, der schon auf der Intensivstation wieder zu fabulieren beginnt. Er, der sich immer durch körperliche Verausgabung zum Glühen brachte, die „blonde Bombe“, für die Selbstdetonationen ein Lebenselixier waren, liegt jählings an Apparaturen angeschlossen in einem Krankenhausbett in der Wiener Peripherie. Doch so existenziell die Situation auch sein mag, sie ist zugleich auch voller absurder Begebenheiten und Begegnungen. Der Krankenhausaufenthalt wird zu einer Zeit voller Geschichten und zu einer Zeit mit den Menschen, die dem Erzähler am nächsten stehen. Er begegnet außerdem so bedauernswerten wie gewöhnungsbedürftigen Mitpatienten, einer beeindruckenden Neurologin und sogar wilden Hamstern.
Präzise beschreibt er den Krankenhausalltag, von den Rutschsocken bis zum Essen („Salat aus Tieren“), von seiner Erstdiagnose über seine Reha („die Mutter aller neurologischen Übungen“) über die nur durch einen Vorhang getrennten männlichen und weiblichen Patienten bis hin zu seiner Bevorzugung als Prominenter, aber bevor er oder wir seine LeserInnen ins schwarze Loch fallen, findet er Zuflucht in vielen amüsanten Episoden aus seinem Leben. Österreich insbesondere Wien bekommt ordentlich sein Fett ab (zu Recht wie die Kinderwagenepisode beweist), aber er verschont sich auch selbst nicht, insbesondere sein Scheitern als Familienvater mit der Frau seiner beiden Töchter (Eingeweihte wissen, um welch umwerfende Schauspielerin es sich dabei handelt.) wird offen thematisiert.
Schön, dass er ein 2. Glück gefunden und diese gesundheitliche Zäsur überstanden hat!
Joachim Meyerhoff: Hamster im hinteren Stromgebiet (Kiepenheuer & Witsch)